Geschichte des Hofes und der Familie Große Inkrott Ostbevern
Zum Geleit.
Gern habe ich die Geschichte des Hofes Grosse Inkrott geschrieben. Weiß ich doch, daß sie von allen Familienmitgliedern mit Interesse aufgenommen und gern gelesen wird. Die vorliegende Hofgeschichte soll indessen nicht nur ein Lesebuch sein, das für einige Stunden angenehme Unterhaltung bietet; damit wäre ihr eigentlicher Zweck nicht erfüllt. Das Buch will etwas anderes. Es will zunächst der jetzigen Generation und den kommenden Geschlechtern auf dem Hof Grosse Inkrott in der mehr als tausendjährigen Geschichte des Hofes eine Quelle erschließen, aus der sie Arbeitslust und Schaffensdrang schöpfen, der sie ein echtes Verantwortungsgefühl gegenüber dem altererbten Besitz entnehmen, und von wo sie aus dem Leben ihrer Vorgesessenen so manch nachahmenswerten Zug in das eigene Leben. übertragen können.
Es wird heute soviel geklagt über Familienlosigkeit, über Mangel an Familientradition. Was in den Städten im vollsten Sinne zutrifft, das mag hier und da auch auf dem Lande der Fall sein. Wie manche Fäden, die mit der eigenen Vergangenheit, mit dem eigenen Hofe und Geschlechte verknüpften, sind früher zerrissen worden, wenn viele für die Geschichte eines Hofes so wichtige Familienpapiere und Familiendokumente achtlos verschleudert wurden! Unsere Aufgabe ist es, diese zerrissenen Fäden wieder anzuknüpfen und die Geschichte des Hofes und der Familie laufend fortzusetzen.
Und das ist auch ein wesentlicher Zweck dieses Buches: es soll die Hof- und Familienchronik der Zukunft werden. Hier sollen die Besitzer des Hofes Grosse Inkrott alle wichtigen Daten aus ihrem, ihrer Frau und ihrer Kinder Leben vermerken, hier sollen sie alle wichtigen Begebenheiten und Ereignisse, seien sie freudiger oder trauriger Art, niederschreiben. Wenn ihnen der Tod die Feder aus der Hand nimmt, dann möge der Sohn und Erbe ihre Aufzeichnungen fortsetzen. Dann werden ein starker, lebendiger Familiengeist, eine innige Liebe zur Heimat und ein tiefes Verantwortungsgefühl gegenüber der angeerbten Scholle auf dem Hofe Grosse Inkrott stets beheimatet sein.
Münster, im Priesterseminar, Weihnachten 1931.
Alois Schröer.
1. Allgemeingeschichte
Hofgründung und Namensbildung
Der Hof Grosse Inkrott , Ostbevern, Bauernschaft Brock 18, ist offenbar eine sächsische Gründung. Zu dieser Annahme berechtigen uns verschiedene Gründe. Zunächst steht einmal fest, daß unsere Vorfahren, die Sachsen, die etwa vom dritten bis zum achten, Jahrhundert unser heutiges Westfalen bewohnten, im allgemeinen unsere westfälischen Bauernhöfe gebildet haben. Diese sächsische Hofgründung begann etwa im sechsten Jahrhundert, da von dieser Zeit an die Sachsen, ursprünglich ein Wander- und Hirtenvolk, sich den benachbarten Franken gegenüber in Verteidigungsstellung gerückt sahen und daher zur Sesshaftigkeit verurteilt waren. Wir unterscheiden nun bei den Sachsen eine doppelte Art der Hofbildung. Die erstere bestand darin, daß die vorhandenen Kulturflächen, die bisher gemeinsam bewirtschaftet worden waren, etwa um 600 unter die bisherigen Nutznießer verteilt wurden. Diese Ackerflächen, auf denen die Sachsen und vor diesen in hiesiger Gegend schon die Brukterer, ihre Feldfrüchte anbauten, sind wesentlich die Grundflächen einer Bauerschaft, die man heute in irgendeiner Zusammensetzung als „Esch“ bezeichnet. Abgesehen von einigen wenigen Äckern und Wiesen hatten unsere Altvordern keine anderen Kulturflächen als die Eschländer, und daher verstehen wir es auch, daß die Esche sich gewöhnlich in mächtiger Länge und Breite durch die Bauerschaft hinziehen. Die Sachsen teilten nun die Esche in viele Streifen auf und übertrugen den in der Bauerschaft Angesessenen einen Anteil, der ihren althergebrachten Nutzungsrechten entsprach.
Da nun der Hof Inkrott (Grosse und Lütke) nicht im Besitze solcher Eschländer ist, so liegt die Annahme nahe, daß er nicht zu jenen Höfen gehörte, die schon um 600 althergebrachte Teilnahmerechts inne hatten, es sei denn, daß seine etwaigen Ansprüche durch Überweisung der übrigen kleinen Äcker und Wiesen abgefunden worden wären, was indes aus anderen Gründen, die wir noch erörtern werden, unwahrscheinlich ist. Auch die Größe des Hofes scheint einem solchen Alter zu widerstreiten. Der Verteilungsplan der Ackerfluren wurde nämlich von den alten Sachsen aufgestellt nach Maßgabe der althergebrachten Nutzungsrechte an denselben. Auf diese Weise erhielten die alteingesessenen Sachsen einen größeren Anteil als die neuhinzukommenden Hofanwärter. Die ersteren sind daher wohl gewöhnlich die alten Vollerben einer Bauerschaft, die, mit heutigem Flächenmaß gemessen, mindestens einen Grundbesitz von 300 - 400 Morgen aufweisen. Wir müssen aber feststellen, daß dieser Grundbesitz heute nicht mehr vorhanden zu sein braucht und auch in dieser Größe nur verhältnismäßig selten noch vorhanden ist, da diese alten, ursprünglichen Erben fast alle in späterer Zeit aufgeteilt worden sind (Althoff-, Niehoff-, Grosse..., Lütke..., Osthoff - Westhoff- usw.). Wenn wir nun auch berücksichtigen, daß der alte Hof Inkrott ursprünglich aus den beiden Erben Grosse und Lütke Inkrott bestand und so früher einschließlich des Zuwachses aus der Markenteilung etwa einen Grundbesitz von reichlich 200 Morgen aufwies, so reicht eine solche Größe wohl doch nicht aus, zu behaupten, der ursprüngliche Hof gehöre zu der ersten Gruppe der sächsischen Hofgründungen, oder mit anderen Worten, der Hof habe schon um 600 bestanden und althergebrachte Nutzungsrechte an den alten, bis dahin gemeinsam benutzt Kulturflächen der Bauerschaft inne gehabt, sodaß sie bei deren Teilung berücksichtigt werden mußten. Der Name, die Lage und Anlage des Hofes deuten vielmehr darauf hin, daß der Hof zu der zweiten Gruppe der Sächsischen Hofgründungen gehört. Die Gründung der Höfe dieser zweiten Gruppe erfolgte in der Zeit von 600 - 800. Nachdem nämlich die Hofgründung von den Sachsen einmal in Angriff genommen worden war} beschränkte sie sich nicht mehr auf die Aufteilung der alten Eschländer und der übrigen Äcker und Wiesen, sondern nunmehr meldeten sich noch zahlreiche sächsische Hofanwärter, die in dem bisher nicht angebauten Gebiet der Ostbeverner Mark durch Rodungen neue Höfe bilden wollten. Zu diesen Hofanwärtern gehörte wohl auch der Begründer des alten Hofes Inkrott.
Darauf weist uns unzweifelhaft der Hofname hin. Die älteste mir bisher bekannte Form des Hofnamens ist nämlich I-dink-rot. Die letzte Silbe dieses Namens „rott“ ist gleichbedeutend mit unserem heutigen Worte „Rodung“. Grundstücke, die den Namen „Rott“ allein oder in irgendeiner Zusammensetzung tragen, sind alltäglich. So dürfte uns die letzte Silbe des Hofnamens Idinkrott darauf hinweisen, daß der Hof durch Rodung entstanden ist. Eine solche Neurodung war früher eine gewaltige Leistung. Wir können uns heute die damaligen Verhältnisse kaum noch vorstellen, weil wir zu sehr von den heutigen Zuständen gefangen genommen werden. Wie alle anderen Bauerschaften, so war auch Ostbevern in damaliger Zeit nur spärlich besiedelt und mit dichten Wäldern bedeckt, in denen alle möglichen Tiere hausten, wie Hirsche und Rehe, Wölfe und Bären, Luchse und Wildschweine, Elche mit breiten Schaufeln und Auerochsen, der Vorfahr unseres Rindes.
Das Gelände, aus dem der Hof Inkrott gewonnen wurde, wies noch eine ganz besondere Eigenschaft auf, die uns der Name der Bauerschaft anzeigt. Der Hof ist nämlich in der Bauerschaft Brock gelegen. Warum nannte man diese Bauerschaft nun gerade Brock? Die Erklärung gibt uns der Name selber. Mit Brock oder Bruch bezeichneten unsere sächsischen Vorfahren ein feuchtes, sumpfiges Moorgelände, und in Ostbevern war die Bauerschaft Brock, aus der der Hof Inkrott gewonnen wurde, das Gelände, das diese Eigenschaft ganz besonders aufwies. Es ist daher sehr interessant, daß in der alten Form des Hofnamens Idinkrott dieses ursprüngliche Kennzeichen noch nachzuklingen scheint. Die erste Silbe des Hofnamens Idinkrott, das „I” , bedeutete nämlich bei den alten Sachsen Wasser, Feuchtigkeit. Der Hof Idinkrott wäre demnach der Hof, der durch Rodung in dem feuchten Ostbeverner Moorgebiet entstanden ist und sich ursprünglich durch besondere Nässe und Feuchtigkeit hervorgetan hat. Daß der Hof eine Markenrodung ist, davon dürfte uns übrigens auch ein Blick auf die Karte von Ostbevern, die noch die Verhältnisse vor der Markenteilung berücksichtigt, überzeugen (siehe das beigefügte Meßtischblatt Ostbevern!). Während nämlich die meisten Höfe zu diesen oder jenen entfernteren zusammenhängenden Ackerfluren Zugang haben und dort Ländereien besitzen, ist der alte Hof Inkrott (Grosse und Lütke) ringsum vom Markengebiet umgeben und sämtliche Ländereien liegen fast in Kreisform um der Hofstätte, sodaß der Hofbesitzer hier zu allen Zeiten gewissermaßen wie ein König im Kleinen schalten und walten konnte, ohne Flurzwang und ähnliche lästige Maßnahmen, die sich die anderen Hofbesitzer, deren Grundbesitz im Gemenge lag, von der Allgemeinheit gefallen lassen mußten.
Nachdem der sächsische Gründer des Hofes seine schwierigen Rodungsarbeiten beendet hatte, umgab er seinen ganzen Landbesitz mit Wallhecken, sei es als Schutzwehr gegen das in der Mark weidende Vieh, sei es als Bollwerk gegen Wasserandrang, Schneewehen, oder feindliche Anstürme. Abgesehen von einigen Lücken haben sich diese rings um das Erbe gelegten Wallhecken als ehrwürdige Zeugen einer mehr als tausendjährigen Hofgeschichte bis auf den heutigen Tag erhalten und verleihen noch heute dem Hofe ein ursächsisches, echt westfälisches Gepräge.
Später, wahrscheinlich noch in sächsischer oder fränkischer Zeit, wurde der ursprüngliche Hof geteilt und beide Höfe wurden Idinkrott genannt. Auf den kleineren Hofabspliss, heute etwa 60 Morgen umfassend, siedelte sich wohl ein ausheiratender Sohn von dem ursprünglichen Hofe an, wie das auch bei anderen Höfen vielfach festzustellen ist.
Die Unterscheidung in Grosse und Lütke Idinkrott findet sich erst verhältnismäßig spät. Im Jahre 1498, in dem wir die erste Erwähnung des Hofes finden, werden die beiden Höfe insofern unterschieden, als der Besitzer des kleineren abgetrennten Hofes mit seinem Vornamen genannt wird.
Außer der Benutzung der gerodeten Ackerfluren hatte der Hofbesitze seit altersher ein Anrecht auf die Nutzung der Ostbeverner Mark, worunter man das nicht angebaute Gelände verstand, das auch weiterhin der gemeinsamen Nutzung, insbesondere der Weidetrift, verblieb. In diese Mark trieben, die Hofbesitzer im Sommer und vielfach auch im Winter das Vieh, die Pferde, Kühe, Schafe und Schweine. Dort durften sie auch, solange noch Waldbestand vorhanden war, ihren Holzbedarf decken und, soweit Moorboden da war, Ihren Torf stechen und Plaggen mähen. Der Torf wurde außer als Brennmaterial auch als Streu verwertet, wozu er besonders geeignet war, da man früher fast ausnahmslos Tiefställe ohne Abzug hatte. --- Erst im Jahre 1840 wurde die Ostbeverner Mark geteilt, nachdem schon in den Jahren 1805/06 und 1822 von der Markengenossenschaft, zu der natürlich auch Grosse Inkrott gehörte, das Teilungsverfahren eingeleitet worden war. Die Mark hatte noch eine Größe von 12477 Morgen 65 Ruten 23 Fuss zu einem Bodenwert von 57720 Taler 25 Silbergroschen 5 Pf. Nach der Bodenqualität war die ganze Mark in zehn sog. Bonitätsklassen eingeteilt, deren Wert für den Morgen zwischen 30 Talern und 1 Taler schwankten. Grosse Inkrott erhielt bei der Teilung 65 Morgen 32 Ruten 4 Fuss zu einem Grundwert von 324 Talern 26 Slbgr. 5 Pf.
Folgende Grundstücke wurden für ihn ausgewiesen:
| Morgen | Ruten | Fuss | Taler | Slbgr. | Pf. |
Bottwoeste | 52 | 8 | 50 | 253 | 11 | 6 |
Kohues Haarkamp | 4 | 58 | 17 | 17 | 8 | 9 |
Daselbst | 3 | 45 | 25 | 9 | 22 | 8 |
Schlichtenfeld | 5 | 100 | 12 | 44 | 13 | 6 |
Die Abhängigkeit von Haus Bevern.
Nicht zu allen Zeiten konnte der Bauer auf seinem Hofe frei und unabhängig schalten und walten. Dieser Zustand der völligen persönlichen und wirtschaftlichen Ungebundenheit ist noch verhältnismäßig jung, er zählt erst reichlich hundert Jahre. Früher war der Bauer persönlich und wirtschaftlich unfrei, er war einem Gutsherrn Untertan und ihm zu Diensten und Abgaben verpflichtet. Der Hof Grosse Inkrott stand so früher in der Eigenhörigkeit der Familie von Schenking und in späterer Zeit des Grafen Droste zu Vischering, Erbdroste, deren Schloß früher in Ostbevern neben dem heutigen Forsthaus Haus Bevern lag.
Dem Hause Bevern gegenüber hatten die Besitzer des Hofes Grosse Inkrott als Eigenhörige zahlreiche Verpflichtungen. Wollte ein Sohn des Hofes das Erbe antreten, so mußte er dieses erst vom Gutsherrn „gewinnen“, d.h. er hatte für seinen Neuantritt seinem Gutsherrn eine nicht unbeträchtliche Summe Geldes zu bezahlen, das sog. Gewinngeld. Dem jungen, aufziehenden Ehepaare wurde bei der Auffahrt, so nannte man den Neuantritt, der sog. Gewinnbrief ausgehändigt. Dieser enthielt zahlreiche Gebote und Verbote, die die jungen Eheleute strengstens verpflichteten. So hieß es vielfach in solchen Gewinnbriefen, die jungen Eheleute sollten „allemahl in fried und einigkeit leben und hiemit uns allerseits aigen seyen... sie söllen dem Erbe ehr- und redtlich, als getreue Aigenhörige und Zelleren zusteht, vorstehen... sie söllen das Hauss undt dass gebäu in guten ohnsträflichen Zustand bringen und erhalten, auch das Kleineste vom Gebäu nit verfallen lassen... sie sollen kein fruchtbares Holtz als in specie Eichen und Buchen ohn Vorwissen undt schriftliche Bewilligung des Gutsherrn hauen, verderben, vielweniger verkaufen, bey Verlust Ihres Gewinns... sie söllen schuldig sein, keinen Process anzufangen, oder auch, da ihnen von anderen Process movieret würde, in selbigen sich einzulassen ohne undt bevoren der Gutsherr darüber vernohmen, umb zu sehen, was darin zu thuen, ob der Process zu treiben sey oder nicht... "
Das Kernstück der Gewinnbriefe bestand aber in den Bestimmungen über die Abgaben und Leistungen der hörigen Hofbesitzer. Wir unterscheiden hier wesentlich drei Gruppen von Verpflichtungen, die auch der Inhaber des Hofes Grosse Inkrott allezeit zu erfüllen hatte:
I. Die gewissen Gefälle.
Die gewissen Gefälle bestanden in Abgaben, die vom Gutsherrn für alle Zeiten festgesetzt waren und von ihm nicht einfachhin verändert werden konnten. Sie wurden entweder in Geld oder in Naturalien geliefert. Auf dem Hofe Grosse Inkrott war beides der Fall. Die jährlichen gewissen Gefälle des Hofes waren folgende:
- Das Pachwiesengeld. Es wurde entrichtet in Höhe eines Goldgulden oder, in Reichstaler umgerechnet, in Höhe von 1 Taler 13 Schillinge 4 Denare. Diese Summe, die auf St. Martini fällig war, wurde offenbar für eine besondere Wiesenpachtung entrichtet.
- Das Wachtgeld. Offenbar hatte der Besitzer des Hofes Grosse Inkrott im Januar und Juli auf Haus Bevern früher Nachtdienste zu leisten. Später, als die Zeiten ruhiger und sicherer wurden, hatte der Hofbesitzer anstelle der Nachtdienste im Januar 16 Schillinge 4 Denare und ebenso im Juli 16 Schillinge 4 Denare, also insgesamt 1 Taler 4 Schillinge 9 Denare Wachtgeld zu zahlen.
- Das Dienstgeld. Der Besitzer des Hofes Grosse Inkrott hatte ursprünglich am Hause Bevern viermal im Jahre Spanndienste zu leisten, und zwar im Januar, im April, im Juli und im Oktober. Da aber die Mehrzahl der Bauern in Ostbevern am Hause Bevern hörig war und dem Gutsherrn daher über Bedarf Spanndienste zur Verfugung standen, wurde diese Dienstpflicht bei vielen in eine feste Geldabgabe umgewandelt. Grosse Inkrott hatte so für jeden ursprünglich geleisteten Dienst 3 Taler 7 Schillinge zu entrichten, was insgesamt eine Summe von 13 Talern ergab (nach der damaligen Abrundungsmethode!). Diese Abgabe war wie früher der Dienst in den Monaten Januar, April, Juli und Oktober fällig.
- Naturalgefälle. Zu den Geldabgaben kamen noch jährliche Naturalgefälle. Auf St. Martini gingen an das Haus Bevern alljährlich 6 Scheffel Roggen, zu Weihnachten ein Schwein von 100 Pfund, das zeitweilig (um 1800) auch mit 5 Talern abgezahlt wurde und endlich, auch auf Fastabend zwei Hühner.
II. Die Ungewissen Gefälle.
Waren die gewissen Abgaben für den Bauer erträglich, weil er eben von vornherein damit rechnen, konnte und mußte, so empfand er die ungewissen Gefälle als sehr drückend, weil ihr Eintreten vom Zufall abhing, und sie bei der Festsetzung der Höhe ganz auf Gnade und Ungnade ihrem Herrn ausgeliefert waren. Es gab im wesentlichen drei Arten Ungewisser Gefälle:
Das Gewinngeld. Schon oben haben wir andeutungsweise davon gesprochen. Das Gewinngeld war eine Summe, mit der sich der junge Bauer gewissermaßen die Pacht des Hofes erkaufen mußte. Die Höhe dieser Summe wechselte je nach der Leistungsfähigkeit des Hofes. So betrug im Jahre 1589, als der junge Grote Idinkrott mit Anneken Hülsmann den Bund für's Leben schloß, das Gewinngeld des Hofes Grosse Inkrott 80 Rtlr. Als indes 60 Jahre später (1649) Witwer Godeke Pröbsting, genannt Grote Idingkrott, mit Enneken Derhake den Hof wieder übernahm, betrug das Gewinngeld 135 Rtlr., eine Summe, die unser Erstaunen erregen muß, da doch gerade erst der dreißigjährige Krieg mit seinen furchtbaren Brandschatzungen und erbarmungslosen Ausplünderungen sein Ende gefunden hatte. Ganz offenbar hatte der Hof Grosse Inkrott den Krieg verhältnismäßig gut überstanden. - Im Jahre 1680, als Jürgen Grosse Idinkrott und Elseke Grosse Westerlohe den Hof antraten, betrug das Gewinngeld mit Einschluß des „Sterbfalls“ (siehe unten!) der Mutter und zwei Töchter 90 Taler und 10 Taler Weinkauf („Wienkop“). Das Gewinngeld brachte gewöhnlich die junge aufziehende Frau, oder wenn sich ein Mann einheiratete, der Mann, zum größten Teile mit. Bei häufigem Besitzwechsel nahm der Gutsherr weitgehend Rücksicht. So hatten die Gebrüder Jürg und Johann Grosse Idinkrott am 9. Oktober 1694, als nach vierzehnjähriger Ehe die junge Frau des Hofes gestorben war, an Gewinn- und Sterbefallgeldern 50 Taler zu zahlen.
Das Sterbfallgeld. Zu den ungewissen Gefällen gehörte ferner das Sterbfallgeld, wenn nämlich der Inhaber eines eigenhörigen Erbes oder auch seine Frau, seine Brüder, Schwestern oder Kinder starben, so hatte der Gutsherr einen Anspruch auf die Hälfte des Nachlasses. Zu diesem Zwecke wurde, wenn der Hofbesitzer starb, der gesamte Bestand des Hofes aufgenommen. Diese sog. Versterbregister, die für die Geschichte eines Hofes sehr interessant und wichtig sind, gewähren einen vorzüglichen Einblick in frühere Verhältnisse. So fand man am 7. Dezember 1669, als der Hofbesitzer Godeke Pröbsting genannt Grosse Idinkrott gestorben war, auf dem Hofe Grosse Inkrott folgenden Bestand vor:
| Tal. | Schill. | Den. |
2 graue, 2 braune junge, 1 schwarzbraunes Pferd und 1 Meyfüllen | 16 | - | - |
2 Kühe, 3 Sterken, 3 Meykälber | 17 | - | - |
4 Schweine, worunter 1 Meyferkel | 6 | - | - |
6 Hühner, 1 Wagen, 1 Pflug nebst Gereitschaft zu 4 Pferden | 6 | - | - |
1 eiserner Kessel, 2 Kupferpötte,1 Eisenpott | 1 | 14 | - |
1 Kiste, 1 Wanne, 1 löchte(?), Stühle, Bänke | - | 14 | - |
1 ..., 2 Zeisen, 1 segge, | 1 | - | - |
Kleider, alt und untüchtig, 2 Unterbetten, 2 Decken, 2 paar lacken, | 3 | - | - |
3 Fuder ungedroschenen Roggen ad 1 Malter | 3 | - | - |
3 Scheffel Buchweitzen | - | 21 | - |
Roggen, so geseiet, 1 mold 6 Scheffel | 36 | - | - |
Sa. | 90 | 49 | - |
Medietas (Hälfte) | 45 | 24 | 6 |
Ausstehend Geld bei Brundieck | 8 | - | - |
bei Disselman | 20 | - | - |
- Also der Gutsherr hatte, wie wir sehen, einen Rechtsanspruch auf den halben Wert des beweglichen Nachlasses. Gewöhnlich begnügte sich der Gutsherr jedoch mit einer mäßigen Quote, wie auch in diesem Falle, wo er statt der Summe von 45 Talern 24 Schillingen und 6 Denaren, die er beanspruchen konnte, nur 30 Taler und 5 Taler Weinkauf einforderte. Ferner lag es auch In der Macht des Gutsherrn, den Bestand derart niedrig einzuschätzen, daß die Hälfte leicht zu erschwingen war. Aber auch das Gegenteil war möglich. In dem vorliegenden Falle sehen wir, daß der Gutsherr äußerste Milde walten ließ, wenn er beispielsweise sechs Pferde zu 16 Taler einschätzte. Auch beim Tode der Frau, der Geschwister und Kinder mußten die Sterbfallgelder entrichtet werden. So wurde, wie schon oben angedeutet, am 9- Oktober 1694 von den Gebrüdern Jürg und Johan Grote Idinkrott der Versterb der Frau Grote Idinkrott einschließlich des Gewinngeldes mit einer Summe von 50 Talern bezahlt. Wir sehen, daß hier die Summe wesentlich niedriger war, noch weniger hatte der Hofbesitzer naturgemäß beim Tode eines Kindes zu zahlen. Als z.B. Im Jahre 1701 der etwa zwanzigjährige Sohn des Jürg Grote Idinkrott starb, betrug die Sterbfallgebühr 10 Taler und 1½ Taler Weinkauf.
Das Freikaufsgeld. Zu den ungewissen Gefällen gehört endlich auch das Freikaufsgeld. Die Eigenbehörigen konnten ihr Hörigkeitsverhältnis gegenüber ihren Gutsherren nicht nach eigenem Belieben lösen, sondern der Gutsherr mußte ihnen, erst die Genehmigung dazu erteilen. Die Freilassung erfolgte nur gegen Zahlung einer Freikaufssumme, deren Höhe der Gutsherr festsetzte. Ein Anlaß zum Freikauf lag gewöhnlich nur dann vor, wenn der oder die Hörige eine Heirat eingehen konnte, und aus diesem Grunde zu einer anderen Gutsherrschaft übergehen mußte. Wie die meisten Gutsherrenschaften, so gestattete auch der Gutsherr auf Haus Bevern eine Freilassung nur unter der Bedingung, daß einer der Eigenhörigen der Gutsherrschaft, in deren Hörigkeit der oder die Freigelassene sich begab, wiederum zu ihm in ein Hörigkeitsverhältnis eintrat. Es fand also nur eine Auswechselung der Eigenhörigen seitens der Gutsherren statt. Daher werden die Bücher, in denen diese Auswechselungen eingetragen wurden, auch Wechselbücher genannt. Auch von Söhnen oder Töchtern auf dem Hofe Grosse Inkrott liegen zahlreiche Berichte von Auswechselungen vor. Wir wollen nicht hier, sondern im II. Teile näher darauf eingehen. Die Freikaufsumme betrug gewöhnlich 20 — 25 Taler.
Wenn wir alle diese Abgaben, sowohl die gewissen als auch die ungewissen, noch einmal überschauen, dann können wir es verstehen, daß der Bauer früher, zumal bei den primitiven wirtschaftlichen Verhältnissen, nicht auf Rosen gebettet war. Besonders die ungewissen Gefälle drückten wie ein Alp auf die Wirtschaft und verhinderten fast zwangsläufig jegliches Aufwärtsstreben.
Zeigte sich nämlich der Hof leistungsfähig und gesund, dann hatten die Gutsherren um so mehr die Möglichkeit, bei dem Erbgewinn, Sterbfall und bei den Freikäufen ihren Hof ordentlich zu schröpfen. So ließen insbesondere die ungewissen Gefälle bei den meisten Hofbesitzern kein rechtes Interesse an der Wirtschaft aufkommen. Es ist daher umso erstaunlicher, und es wirft das ein gutes Licht auf die damaligen Besitzer des Hofes Grote Idinkrott, wenn wir In den Jahren 1601/02 noch von ausstehenden Geldern des Hofes bei Kolon Hülsmann, Ostbevern und einem gewissen Hermann Otto lesen oder wenn, wie wir schon oben gesehen haben, im Jahre 1669 der Rentmeister des Hauses Bevern im Anschluß an das Versterbregister noch 28 Taler ausstehender Gelder vermerken kann. Diese Vermerke zeugen von gesunder Kraft und regem Schaffensdrang der damaligen Besitzer des Hofes Grosse Inkrott, trotz aller gutsherrlichen Abgaben und der besonders in damaliger Zeit sehr kritischen Wirtschaftslage. Aber auch der Gutsherr scheint das Wohl seines Hofes gefördert zu haben.
III. Persönliche Dienstleistungen.
Neben der Abgabepflicht hatte der eigenhörige Besitzer des Hofes auch noch die Verpflichtung zu persönlichen Dienstleistungen auf Haus Bevern. Schon oben haben wir gesehen, daß Grosse Inkrott ursprünglich alljährlich viermal Spanndienste zu leisten hatte. Damit war die Dienstpflicht aber noch nicht erfüllt. Sämtliche Kinder des Hofes, sowohl Söhne als Töchter, hatten gewöhnlich im Alter von 16, 17 Jahren, vielfach auch erst später, bei ihrem Gutsherrn auf Haus Bevern ein ganzes Jahr hindurch zu dienen.
Wenngleich die Protokollbücher des Hauses Bevern diese Dienste, die die eigenhörigen Kinder pflichtgemäß zu leisten hatten, mit dem unschönen Namen „Zwangsdienste“ bezeichnen, so wird für die jungen Burschen und Mädchen dieses Jahr von der größten Bedeutung gewesen sein. So hatten sie einmal Gelegenheit, aus den primitiven häuslichen Verhältnissen herauszukommen und inmitten einer munteren Gesellschaft von Altersgenossen in dem großen Betriebe des Gutsherrn ihren Gesichtskreis zu erweitern. Wie heute die Bauernsöhne und Bauerntöchter gern an das Jahr, in dem sie „auswohnen“ durften, zurückdenken, so wird auch früher das Dienstjahr der Bauernkinder zu den schönsten Erinnerungen Ihres Lebens gehört haben. Die Protokollbücher des Hauses Bevern beweisen, daß auch fast alle Kinder des Hofes Grosse Inkrott ein Jahr hindurch gedient haben.
Mochte der einzelne Bauer infolge der jahrhundertealten Gewohnheit seine persönliche und wirtschaftliche Lage kaum für verbesserungsbedürftig halten, so ist angesichts der geschilderten Zustände doch nicht zu verkennen, daß sich der Bauer in einer seiner wirtschaftlichen Bedeutung durchaus nicht entsprechenden, unwürdigen Abhängigkeit befand. Obschon der Bauernstand 2/3 der deutschen Bevölkerung ausmachte und in der Tat das ganze deutsche Volk ernährte, war sein persönlicher und wirtschaftlicher Einfluß gleich Null. Solche Zustände wurden in einer Zeit, die sich die „Aufklärung“ nennt, immer unhaltbarer. Das Volk begann sich auf sich selbst zu besinnen und jahrhundertealte Gewohnheiten, die man früher urteilslos hingenommen hatte, einmal etwas kritischer unter die Lupe zu nehmen. Diese Geisteshaltung fand auch in den Kreisen der Bauern einen gewissen Widerhall, und man dachte auch über das Hörigkeitsverhältnis zum Gutsherrn einmal etwas schärfer nach. Indessen gingen eigentliche Reformideen von den Bauern nicht aus, zumal ihnen abgesehen von dem Unterrichte in den elementaren
Schulfächern höhere Bildung gewöhnlich versagt blieb. Nachdem schon einsichtige deutsche Staatsmänner ernstlich eine Reformierung des deutschen Bauernstandes in Angriff genommen hatten, sollte es in hiesiger Gegend der vorübergehenden Fremdherrschaft Napoleons vorbehalten sein, im Jahre 1809 die Aufhebung der Leibeigenschaft bzw. Eigenhörigkelt gesetzlich durchzuführen. Als die französische Herrschaft ihr Ende gefunden hatte, wurden durch die sogenannte Generalkommission in Münster die napoleonischen Gesetze einer sorgfältigen Revision unterzogen, und durch neue Gesetze die gutsherrlichen Verhältnisse im Münsterlande endgültig geregelt. Die Bauern konnten nunmehr die gutsherrlichen Lasten, die auf ihren Höfen ruhten, ablösen; jedoch bereitete dies vorerst noch große Schwierigkeiten. Endgültig geregelt wurde diese Frage erst durch das Gesetz vom 2. März 1850. Dieses Gesetz sah zwei Wege vor. Zunächst wurde nach bestimmten Durchschnittspreisen der jährliche Geldwert der abzulösenden Lasten ermittelt. Eine Ablöse der jährlichen Lasten in bar erforderte nun den 18fachen Betrag. Indes waren die meisten Bauern nicht in der Lage, ein solch hohes Kapital in bar auszuzahlen. Für diese gab es einen anderen gangbaren Weg. Er bestand darin, daß sogen. Rentenbanken die Gutsherren durch staatlich garantierte Rentenbriefe abfanden, während die Bauern den Jahreswert ihrer früheren gutsherrlichen Lasten an die Rentenbanken weiterzahlten, bis sie das ganze Kapital nebst Zinsen (4%) eingezahlt hatten. Das Ablösekapital für den Hof Grosse Inkrott wird etwa 550 - 600 Taler betragen haben.
Der deutsche Bauer stand frei da! Länger als ein Jahrtausend war er hörig gewesen. Freiheit hatte er eigentlich noch nie gekannt, und es ist nicht zu verkennen, daß diese Unfreiheit den ein oder anderen unvorteilhaften Wesenszug bei Ihm hervorgerufen hat.
Und doch: dürfen wir der Hörigkeit gram sein? Ich glaube nicht. In der Kulturgeschichte eines jeden Volkes gibt es Perioden, die für unsere Zeit untragbare Zustände aufweisen, die in ihrer Zeit unbedingt ihr Gutes gehabt haben. So auch die Eigenhörigkeit.
Der Hof des Eigenhörigen war durch die sorgfältigen Vorschriften und Verbote seitens der Gutsherrschaft manchen Gefahren enthoben; die ihm sonst von gewissenlosen oder unkundigen Bauern gedroht hätten. Denken wir nur an die gute Erhaltung des Hofes, an das Absplitterungs- und Teilungsverbot und ähnliches mehr. Hätte der Hof Grosse Inkrott noch heute seine schöne ursächsische Gestalt und Größ, wenn es keine Gutsherrschaft gegeben hätte? Wohl kaum noch! Und doch, alles zu seiner Zeit. Auch die Entwicklung, die uns das 19. Jahrhundert brachte, hatte ihren unschätzbaren Vorteil. Die Zeit war die Lehrmeisterin des Bauern geworden. Er bedurfte nicht mehr der Vormundschaft eines Gutsherrn, sondern er war nunmehr selber imstande, seinen Hof zu verwalten, wenn auch, hier und da ein Bauer die durch die Freiheit gewonnenen Werte nicht auszunutzen verstand, und der Hof bald dem Verkaufe oder der Zersplitterung anheimfiel. Jedoch die Ausnahmen bestätigen die Regel. Die Besitzer des Hofes Grosse Inkrott haben es verstanden, die gewonnene Freiheit im wahren Sinne auszunutzen, und wohl kaum hätte, der Hof unter einem Gutsherrn einen solch mustergültigen Wirtschaftsbetrieb entwickeln und ein solch stattliches Äußeres in Haus und Hof entfalten können, als es insbesondere unter seinem jetzigen Besitzer geschehen ist.
Schatzungs- oder Steuerwesen.
Bislang haben wir gesehen, was die Besitzer des Hofes Grosse Inkrott In der Vergangenheit als Eigenhörige des Hauses Bevern an Abgaben und Verpflichtungen zu tragen hatten. Indes der Hofbesitzer war auch Staatsbürger, und als solchem oblagen ihm auch Staatsbürgerpflichten. Auch für den Staat hatte der Bauernstand mehr Opfer zu bringen als alle anderen Stände.
Die eigentlichen Steuern der Vergangenheit waren die sog. landständischen Steuern. Diese wurden im 13. Jahrh. eingeführt und ihre Höhe alljährlich von den sog. Landständen (Adel und hohe Geistlichkeit) auf dem Landtage festgesetzt. Im Jahre 1498 finden wir die steuerpflichtigen Einwohner von Ostbeverm erstmalig angeführt und unter diesen auch den Besitzer des Hofes Idinkrott. Es wurden damals fünf steuerpflichtige Hausbewohner festgestellt, während sich in dem Hausstände Evert Idinkrott (Lütke Inkrott) nur drei Steuerzahler befanden. Diese Steuer wurde In Form einer Kopfsteuer gezahlt, d.h. alle Steuerpflichtigen zahlten denselben Betrag.
Etwa um 1500 finden wir dagegen ein Steuerverzeichnis, das schon, ein größeres Maß volkswirtschaftlicher Einsicht verrät. Jetzt belegte man nicht mehr die Einzelperson mit einer bestimmten Steuer, sondern nunmehr richtete sich die Höhe der Steuer nach der Leistungsfähigkeit des Hofes. Um diese festzustellen, wurden Register über den Hofbestand aufgestellt. Ein solches für den Hof sehr interessantes Register finden wir aus der Zelt um 1500. Dieses Verzeichnis gibt folgenden Bestand an:
„Brokerbuer (Brokbauerschaft)
Idinckroth
2 famuli (Knechte), 1 Gulden 1 Schilling (Lohn)
5 Perde, 1 vollen (Fohlen), 5 Kaie (Kühe), 6 rynder (Binder),
3 zwyne (Schweine), 5 halve (ergänze: Schweine),
faciunt (Summe): 3 M 9 Schillinge 2 Denare".
Wenn man diesen Bestand mit denen mancher anderer Höfe vergleicht, dann gelangt man zu dem Urteil, daß der Wirtschaftsbetrieb auf dem Hofe Grosse Inkrott um 1500 in recht guter Blüte stand. Der Hof Grosse Inkrott hatte also damals 3 M 9 Sch. 2 D. an Schatz- oder Steuergelder aufzubringen. Für die damalige Zeit eine ganz erhebliche Summe.
Im Jahre 1545 mußte „Iynkrode“ in der „Broickbur“ (Brockbauerschaft wieder 4 Sch. 8 D. Steuern zahlen, während „lütke Iynkrode“ nur 21 Denare aufzubringen hatte.
Einen anderen volkswirtschaftlichen Gesichtspunkt offenbart eine Steuer vom Jahre 1553, für deren Höhe die Zahl der auf einem Hofe dienenden Knechte und Mägde maßgebend wurde. Zu dieser Schatz oder Steuer hatte „Grote Ydinckrott“ ½ Taler beizutragen.
Die landständische Steuer wurde seit dem Jahre 1541 für jedes Kirchspiel in einer bestimmten Summe festgelegt. Später "wurde diese feste Kirchspielsschatzung allmonatlich erhoben und zwar hatte jeder Bauernhof allmonatlich eine ganz bestimmte, endgültig festgelegte Steuer, gewöhnlich Monatsschatz genannt, aufzubringen. Für den Hof Grosse Inkrott betrug dieser Monatsschatz 1 ½ Taler. Diese Steuer blieb bis in das 19. Jahrhundert hinein bestehen. Erst während der napoleonischen Fremdherrschaft wurde sie aufgehoben.
Die Pflichten gegenüber dem Staate beschränkten sich nicht auf Abgaben, sondern die Besitzer des Hofes Grosse Inkrott hatten auch nötigenfalls Kriegsdienste zu leisten und zwar, wie es in den Akten heißt, „nach der Kirchspielstour“, d.h. wenn sie im Kirchspiel an der Reihe waren. Es bestand jedoch keine allgemeine Wehrpflicht, sondern es wurde immer nur eine beschränkte Anzahl Wehrpflichtiger ausgehoben. Die allgemeine Wehrpflicht wurde unter Napoleon erstmalig eingeführt. Dadurch schuf er sich auch im Bauernstande manche Gegner, wenn auch seine Gesetze für die Bauernbefreiung manche wieder gut machten.
Abgaben an Kirche, Pfarrer und Küster.
Noch einmal müssen wir auf die Geschichte des Abgabewesens eingehen. Der Bauer war nicht nur Eigenhöriger und Staatsbürger, er war auch Christ, er war ein Glied der großen Kirchengemeinschaft und als solches mitverantwortlich für deren Erhaltung. So hatte der Bauer gemäß der altchristlichen Tradition, auch zum Unterhalt der Kirche und der in seiner Gemeinde tätigen Seelsorger und Kirchendiener beizusteuern.
Zu den unentbehrlichsten Erfordernissen der Kirche gehörte von altersher das Wachs. Die heilige Messe durfte nämlich schon in sehr alter Zelt nur gefeiert werden, wenn mindestens zwei Kerzen brannten um durch das Licht der Kerzen auf den persönlich gegenwärtigen Christus, der in der Heiligen Schrift „das wahre Licht dieser Welt“ genannt wird, hinzudeuten. So waren auch in Ostbevern Wachslieferungen hergebracht und auch der Besitzer des Hofes Grosse Inkrott hatte alljährlich an die Kirche ein Pfund Wachs zu liefern.
Neben dem Kerzenwachs gab es auch noch andere Notwendigkeiten in der Kirche, die jedoch nur gegen bares Geld erstanden werden konnten. Dazu gehörte in erster Linie der Meßwein und in Orten, wo Rübsamenlieferungen nicht üblich waren, auch das Öl für das ewige Licht, ferner Glockenstricke und Gloekenwürgel u.ä.m. Für solche Barauslagen hatte Grosse Inkrott alljährlich 1 Schilling 9 Denare an die Kirche zu entrichten.
Auch die Pfarrer von Ostbevern durften sich schon seit altersher der bereitwilligen Unterstützung der Ostbeverner Bauern erfreuen. Da es früher nämlich eine staatliche Unterstützung des Pfarrers nicht gab, bestand wie fast überall die Haupteinnahmequelle des Pfarrers von Ostbevern in den Erträgnissen seines Pfarrgutes. Dieses verwaltete der Pfarrer früher selbst. Indes waren die Bauern und Kötter der Gemeinde ihm dabei behilflich, indem sie ihm im Frühjahr und im Herbst Spann- und Handdienste leisteten. So half Grosse Inkrott alljährlich dem Pfarrer einen halben Tag mit einem vollen Gespann bei seinen Landarbeiten. Auf diese Leistungen gewannen die Pfarrer im Laufe der Zeit einen Rechtsanspruch.
Als im 16. Jahrhundert die Vikariestelle Haarhaus gegründet wurde, fiel den Bauern von Qstbevern auch die Unterstützung dieser Stelle zu. Von dem Erbe Grosse Inkrott erhielt der Vikar alljährlich 1 Scheffel Roggen.
Auch die Unterhaltung des Küsters ruhte auf den Schultern der Gemeinde, wenngleich zur Küsterei ein angemessener Grundbesitz gehörte. Für den Küster hatte Grosse Inkrott alle zwei Jahre einen halbtägigen Spanndienst zu verrichten. Ferner bekam er auf Weihnachten einen halben Schweinskopf. Zu Pfingsten besuchte der Küster alle Eingesessenen der Gemeinde, um einer alten Gewohnheit gemäß die Wohnungen mit Weihwasser zu segnen, oder, wie die Leute sagten, um den Hl. Geist zu bringen. Anläßlich dieser Einsegnung hatte der Küster ein Anrecht auf eine Mahlzeit. Da er aber nicht in jedem Hause eine Mahlzeit einnehmen konnte, erhielt er gewöhnlich stattdessen eine Geldspende, die auf dem Hofe Grosse Inkrott 7 Schillinge betrug.
Auf alle diese Leistungen und Abgaben gewannen die Empfänger ein festes Anrecht, sodaß sie später am Ende des 19. Jahrhunderts der allgemeinen Ablöseordnung entsprechend abgelöst werden mußten.
Wenn auch die Abgaben, an die Kirche, die Seelsorger und Kirchendiener die ohnehin schon hohen Abgaben des Bauern an den Gutsherrn und den Staat nur noch vermehrten, so dürfen wir sie doch nicht mit diesen Abgaben auf gleiche Stufe stellen. Zeugt nicht die Tatsache, daß die Leistungen der Bauern bei ihrem Pfarrer ursprünglich freiwillig geschahen, von kindlicher Liebe zu dem Seelenhirten? Im Interesse der Kirche und ihrer Seelsorger werden die Bauern sich ein Opfer gern auferlegt haben. Das entspricht dem tiefreligiösen Wesen des westfälischen Bauern durchaus. So zeugen diese Abgaben auf dem Hofe Grosse Inkrott von echter Religiosität und von einem Glauben ihrer früheren Besitzer, der sich nicht nur in Worten, sondern auch in Werken offenbarte.
2. Einzelgeschichte
Die Einzelgeschichte bis zum Jahre 1584.
Nachdem wir im I. Teile die Allgemeingeschichte des Hofes in großen Zügen uns vorgeführt haben, wollen wir nunmehr unsere Aufmerksamkeit den einzelnen Personen und Generationen zuwenden, denen von Gott für eine bestimmte Zeit die Bewirtschaftung des Hofes Grosse Inkrott zugewiesen wurde.
Zahlreich sind sie, die hier das Licht der Welt erblickten, die hier frohe Jugendjahre verbrachten, die hier rastlos arbeiteten und schafften, die hier Freud und Leid gleichermaßen erlebten, die Zeugen denkwürdiger Ereignisse wurden und die hier In hoffnungsvoller Jugend,
im besten Mannesalter und als müde Greise ihr Haupt zur letzten Ruhe legten. Wenn uns die alten tausendjährigen Wallhecken erzählen könnten von all dem Wirken und Schaffen, von all dem Glück und Geschick der vielen, vielen Generationen!
Alle sind sie hin! Und wir, die wir das Schlußglied in dieser langen Kette von Generationen sind? Was haben uns unsere Vorfahren zu sagen? Mit dem hl. Jakobus rufen sie uns zu: „Was ist euer Leben? Nur ein Hauch seid Ihr, der kurze Zeit sichtbar ist und dann verschwindet!" Jakobusbrief 4, 14-15. Nur ein paar Jahre Ist es uns vergönnt, ihr Erbe, das durch Ihren Schweiß geheiligt ist, zu verwalten - und es dann den Kommenden wieder zu übergeben, - und an uns ist es, daß wir uns unserer Vorfahren würdig erzeigen.
Wie ich schon gelegentlich bemerkte, wird ein Besitzer des Hofes erstmalig Im Jahre 1498 erwähnt, ohne daß freilich sein Vorname angegeben Ist. Damals gab es auf dem Hofe Grosse Inkrott fünf Steuerzahler, im Jahre 1499 dagegen nur vier.
Die zweite Bemerkung des Hofes, wiederum ohne Vornamen des Besitzers, datiert aus der Zeit um 1500, als nämlich das bereits oben angeführte Register über den Hofbestand aufgestellt wurde.
Das Steuerregister aus dem Jahre 1545 läßt uns ebenfalls im Unklaren über Vornamen und Herkunft des damaligen Hofbesitzers.
Im Jahre 1553 findet sich erstmalig die Bezeichnung Grote Ydinckrott, während allerdings schon im Jahre 1545 der abgetrennte Hof Lütke Iynkrode genannt wird.
Früher wurden die beiden Höfe durch den Vornamen des Besitzers des kleineren, abgetrennten Hofes unterschieden.
Jahre 1564 ist erstmalig von einem Sohne und einer Tochter auf dem Hofe Grosse Inkrott die Rede. In diesem Jahre werden nämlich Bernt thon Idinkrot und Anneke thon Idinkrot und außer diesen beiden noch Anneken thor Havestadt von ihrem Gutsherrn auf Haus Bevern an die Äbtissin von Rengering ausgewechselt. Offenbar haben sich Bernt und Anneken thon Idinkrot mit rengeringschen Eigenhörigen verheiratet.
I.
Johann zum Groeten Idinkrodde und Anna, Gattin. - 1586
Dieses Ehepaar auf dem Hofe Grosse Inkrott wird als erstes der bisher festgestellten im Jahre 1584 erwähnt. Da der Hof schon im Jahre 1586 in andere Hände gelangt, ist die Ehe vermutlich um 1555 geschlossen worden. Im Jahre 1588 war der Ehegatte bereits gestorben.
Am 21 . August des angeführten Jahres 1584 wird der Sohn dieser beiden Eheleute, Johann zum Idinckrodde an den Grafen Schmiesing zu Tatenhausen ausgetauscht. Die Auswechselung erfolgte wegen der Einheirat des Johann auf Froendts Hof. Gar bald wurde er jedoch von seinem neuen Gutsherrn Schmiesing an die Witwe des Temme von Lethmate zu Langen ausgewechselt und gelangte dann am 8. Oktober 1588 infolge einer nochmaligen Auswechselung zu seinem ersten Gutsherrn auf Haus Bevern zurück. Aber auch bei diesem blieb er nicht endgültig. Am 20. Mai 1597 wurde er wiederum an Schmiesing zu Tatenhausen vertauscht. Im Jahre 1586 bezieht ein neues Ehepaar den Hof.
II.
I. Ehe: Groethe Idninghrodde und Trineken Pegelbroik
Dieses Ehepaar hatte den Gewinn des Hofes mit 80 Talern zu bezahlen. Die Summe wurde aufgebracht und entrichtet von dem Vater der jungen Frau, Pegelbrock Qstbevern, und zwar war die erste Hälfte bei dem Hofantritt, die andere Hälfte an mehreren noch festzusetzenden Terminen fällig. Bezüglich der Pacht blieb alles beim Alten, abgesehen von einer früher entrichteten Summe von drei Reichstalern, die jetzt auf einen Goldgulden und die Lieferung von ein Paar Enten (?) festgesetzt wurde.
Die junge Ehe sollte nicht lange währen. Schon bald starb Trineken und im Jahre 1589 kam eine neue Frau auf den Hof.
III.
II. Ehe: Groethe Idinghrodde und Anneken Hülsmann.
Das Gewinngeld hatte wieder der Vater der jungen Frau Hülsmann, Ostbevern, zu zahlen und zwar in Höhe von 80 Talern. Die erste Hälfte wurde am Tage der Auffahrt, die zweite Hälfte an einzelnen Terminen entrichtet. Der Hofantritt erfolgte am Montag nach Martini 1589.
Indes, auch dieser Ehe war nur eine kurze Dauer beschieden. Die Wechselbücher berichten uns, daß schon am 13. Oktober 1595 ein neue Ehemann auf den Hof kommt.
IV.
Berent zur Heiden und Wittwe Anneken Hülsmann.
Berent (Bernhard) zur Heiden war geboren auf Heimanns Hof in „Beverbrock“. Obschon die Akten es nicht direkt bezeugen, ist sicher anzunehmen, daß Berent zur Heiden mit der verwitweten Anneken Hülsmann eine Ehe eingegangen ist. In einer Stelle wird nämlich eine Tochter des Hauses als seine Schwägerin bezeichnet. Der neue Hofbesitzer wurde von seinem früheren Gutsherrn, dem Domkellner zu Münster, gegen Berent zum Kley in St. Mauuritz, an das Haus Bevern ausgewechselt. Berent zur Heiden scheint bis zum Jahre 1627 den Hof innegehabt zu haben. In diese Jahre gelangt nämlich der Hof in andere Hände, während noch im Jahre 1626 „Berendt, jetzo Zeller grosse Idingkrotts" erwähnt wird.
Aus dieser Zeit lassen sieh noch verschiedene Interessante Mitteilungen machen. - Kaum war er ein halbes Jahr Hofbesitzer, als Hermann zum Idingrodde, „vom Groten Idingrode geporen“, also offenbar ein nachgeborener Sohn des oben erwähnten Ehepaares Johann zum Groeten Idinkrodde und Anna, von seinem Gutsherrn an den münsterschen Dompropst ausgewechselt wurde (am 16.III.1596).
Drei Jahre später, im Jahre 1599 wurde Trine zum Idinghroede, wohl ebenfalls eine Tochter des schon erwähnten Ehepaares, die Gattin des Hermann zum Pegelbroke Ostbevern, dessen verstorbene Schwester ja, wie wir oben gesehen haben, im Jahre 1686 die Frau des Groethe Idingrodde wurde. Interessant ist es, einmal näher zu sehen, wie die Verhältnisse auf dem Hofe Pegelbrok bei der Einheirat der Trine zum Idinghroede geregelt wurden:
Zunächst wird vom Gutsherrn auf Haus Bevern bestimmt, daß Greteken, die Tochter auf dem Hofe Pegelbrok, dieselbe Aussteuer erhalten soll wie ihre Schwester, die verstorbene Frau Groete Idingrode, so unter anderem 4 Taler und die üblichen Kistenfülungen. Sobald sich Greteken eine Gelegenheit bietet, muß ihr diese Aussteuer geliefert werden.
Auf dem Hofe lebte ferner der gebrechliche, fast arbeitsunfähige Knecht Johann. Für diesen soll Hermann Pegelbrok ein Grundstück ausweisen, es alle drei Jahre einmal düngen, alljährlich zusäen und die Erträgnisse seinem Knechte überlassen. Ferner soll er für ihn im Stalle ein Rindchen füttern und, da Johann keinen Lohn verdient, ihm Kost und Kleider geben. Johann soll dagegen immer recht friedlich sein und im Hause, soweit es ihm möglich ist, noch die leichtesten Arbeiten mitverrichten. Sollte er jedoch wieder gesund werden und eine gute Partie machen können, so soll man mit ihm wegen eines Brautschatzes einig werden.
Die eine Hälfte des Hofes wurde noch von dem alten Vader Pegelbrok bewirtschaftet, nach seinem Abzuge soll diese aber auch den jungen Eheleuten zufallen. Dem alten Vater wird Anspruch auf Kost und Kleidung und außer einem Notpfennig auch ein Anrecht auf die jährliche Lieferung von vier Scheffel Roggen gewährt.
Zu der schon oben erwähnten Gewinnsumme von 80 Talern, die Grote Idinghroet zahlen muß, soll Hermann Pegelbrok noch 20 Taler hinzulegen. Beide, Grote Idinghroet und Pegelbrok, haben die erste Hälfte des Gewinns auf Lechtmis des Jahres 1600, und die zweite Hälfte auf Bartholomäus zu begleichen. Der Weinkauf beträgt 8 Taler.
So lagen die Verhältnisse auf Pegelbroks Hof, als Trinen zum Idinghroede dort junge Frau wurde. Reichlich einen Monat später, am 20. November 1599, gab es bei Pegelbroks schon wieder eine Veränderung.
Die Tochter Greteken, von deren Aussteuer wir oben hörten, hatte nämlich in dem jungen Bauer Stelthove in Everswinkel ihren Verehrer gefunden. Es blieb nun nicht bei der unlängst festgesetzten Aussteuer sondern Grote Idingroed hatte noch zu ihrem Brautschatze ein „smal rindt" hinzuzuliefern.
Wir sehen, Berent zur Heiden gen. Grote Idingroed sah sich gleich am Anfange erheblichen Leistungen gegenüber gestellt. Obschon wir von seinem Wirtschaftsbetrieb nichts erfahren, dürfen wir auf Grund einige Bemerkungen doch annehmen, daß er recht gut gewirtschaftet hat. So lesen wir, daß sein Schwager Hülsmann bei ihm ganz erheblich in Schule stand. Derselbe schuldete ihm im Jahre 1601 für ein Pferd 10 Taler, für ein Fohlen 1 ½ Taler, ferner 6 Scheffel Roggen und außerdem in bar 1 Taler. Es zeugt sowohl von echtem Familiengeist als auch besonders von wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, wenn Berent seinem Verwandter von den 12 ½ Taler Schulden 6 ½ Taler streicht und die Roggenschulden von 6 auf 4 Scheffel herabsetzt. - Im Jahre 1602 hören wir wieder von ausstehenden Geldern des Grote Idinkrott. Ein gewisser Henrich Otte schuldete ihm nämlich 9 Taler. Da nun der Sohn Hermann Otte eine Zeit bei Grote Idinkrott gedient hatte und dafür von Idinkrott noch 5 Taler erhielt, wurde beschlossen, diese für die Schulden in Rechnung zu setzen. Den Rest der Schulden hatte Henrich Otte um Jakobi 1603 zu begleichen. Alles in allem zeugen diese Berichte davon, daß der Besitzer des Hofes in der Lage war, bare Gelder auszuleihen und es sich sogar gestatten konnte, Schulden in erheblichem Maße zu kürzen. Das hatte aber wiederum gute Wirtschaftsverhältnisse und Fleiß und Arbeitsamkeit des Hofbesitzers zur Voraussetzung. Hatte Berent zur Heiden genannt Grote Idinkrott durch seine Regsamkeit den Hof in licher Hinsicht zur Blüte gebracht, so sollte der im Jahre 1618 ausbrechende furchtbare dreißigjährige Krieg mit wüster grausamer Hand alles wieder zerstören.
Wilde, zügellose Söldnerhaufen zerstörten und brandschatzten Stadt und Land. Da der alte Grundsatz bestand, daß der Krieg den Krieg ernähren müsse, d.h. daß für den Unterhalt der Heere das Land, bzw. die Bauern aufkommen müssen, so unterschieden sich Freund und Feind fast in keiner Weise. Besonders taten sich in hiesiger Gegend die Truppen des „tollen Christian“ von Braunschweig, wie man den Herzog von Braunschweig treffend nannte, durch ihre Grausamkeiten hervor. Nach Schriftstücken haben sich diese Söldnerscharen „also tyrannisch und grausam gezeigt, als wenn es Ungläubige, Türken und andere barbarische Völker gewesen wären“. Unter den Braunschweigern zeichnete sich der Oberst von Fleckenstein, der im Jahre 1622 über Telgte, Ostbevern, Westbevern nach Greven zog und diese Orte aufs schwerste heimsuchte, in der übelsten Weise aus. Nach dem Abzuge der Truppen standen viele Häuser vollständig verödet da, alles hatten sie ausgeplündert und was sie auf Wagen nicht hatten mitnehmen können, hatten sie vielfach in Stücke gehauen und völlig zerstört.
Müssen wir uns angesichts solcher Zustände noch wundern, daß es mit der wirtschaftlichen Höhe des Hofes Grote Idinkrott aus war? Daß Berent zur Heiden gen. Grote Idinkrott, der im Jahre 1601/02 noch ausstehende Gelder in beträchtlicher Höhe hatte, im Jahre 1626 nicht einmal mehr in der Lage war, das zur „Bestattung“ seiner Tochter Trineke (Verheiratung) erforderliche Gewinngeld aus eigenen Mitteln aufzubringen? Er bewarb sich daher um ein Kapital von 40 Talern, das der verstorbene Pfarrer Cluter von Ostbevern zu einer jährlicher Rente von 2 Talern, für die alljährlich auf St. Blasius, dem Sterbetag des Pfarrers, für seine Seelenruhe eine hl. Messe gelesen werden muß, ausgesetzt hatte. Dieses Kapital wurde ihm ausgezahlt und erst am Ende des vorigen Jahrhunderts zur Zeit des Pfarrers Siebel zurückgezahlt, nachdem die Pfarrer von Ostbevern fast 300 Jahre hindurch alljährlich die Rente von zwei Talern bezogen hatten (siehe das diesbzgl. Aktenstück im Familienarchiv!).
Einen männlichen Erben scheint Berent zur Heiden nicht gehabt zu haben. Denn nachdem im Jahre 1626 seine Tochter Trineken sich verheiratet hatte, kam ein Ostbeverner Schulzensohn auf den Hof Grote Idinkrott.
V.
I. Ehe: Godeke Pröbsting und Margarete, Gattin.
Im Jahre 1627 wurde Godeke Pröbsting Besitzer des Hofes Grote Idinkrott. Er war ein Sohn von dem alten Schulzenhofe Pröbsting Ostbevern, Dorfbauerschaft, der später von dem Besitzer des Gutes Loburg angekauft wurde. Es ist ohne Zweifel, daß Godeke Pröbsting mit der später als Frau Grote Idinkrott erwähnten Margarete, sicher einer Tochter Berents zur Heiden, eine Ehe eingegangen ist. Godeke Pröbsting wurde von seinem Gutsherrn, dem münsterischen Domkellner gegen einen Sohn des Johann Schulte Althoff, Ostbevern, an Haus Bevern ausgewechselt.
Über die Höhe des Gewinngeldes erfahren wir bei diesem Neuantritt nichts. Sicherlich wird es nicht sehr hoch gewesen sein, denn es hatte eine Not- und Schreckenszeit eingesetzt, wie sie die westfälischen Bauerschaften bis dahin noch nicht erlebt hatten. Noch immer loderte die Kriegsfackel. Immer wieder hatte Godeke Pröbsting genannt Grote Idinkrott riesenhafte Kontributionen für die durchziehenden Truppen aufzubringen. Die Äcker konnten nur zu einem Teil bestellt werden, und trostlos sah es um die Ernteerträge aus. Hungrige und raubgierige Wölfe waren zu einer wahren Plage geworden, sodaß man sich genötigt sah, sie durch Einfangen mit dem sogen. Wolfsgarn zu bekämpfen. Wie es nach dem Kriege in hiesiger Gegend aussah, geht aus einem Bericht über den Zustand einer Nachbargemeinde hervor. Von 54 größeren Höfen waren hier 18 ohne Pferde und zum größten Teile auch ohne Kühe, 14 Höfe waren unbewohnt und ihre dachlosen Häuser in denkbar schlechtem Zustand. Die Hälfte der Höfe war fast von allen Bewohnern verlassen, und die wenigen Zurückgebliebenen lebten in größter Armut. Leider verband sie mit diesem wirtschaftlichen Ruin fast überall auch ein religiös-sittlicher Tiefstand ohnegleichen.
Sicherlich ist der dreißigjährige Krieg mit seinen furchtbaren Brandschatzungen und Plündereien an dem Hofe Grosse Inkrott nicht spurlos vorübergegangen. Aus späteren Nachrichten scheint mir jedoch hervorzugehen, daß er noch verhältnismäßig gut davon gekommen ist. Im Jahre 1648, als gerade der Krieg zu Ende ging, kann nämlich der Gutsherr auf Haus Bevern von seinem Eigenhörigen Grote Idinkrott für den Freibrief dessen Tochter Elisabet, die die Gattin eines Boemer wurde, noch ein Freikaufsgeld von 25 Talern und 5 Taler Weinkauf fordern, die ihm auch restlos ausbezahlt wurden. Als ferner ein Jahr später der Hofbesitzer Godeke Pröbsting gen. Grote Idinkrott Sterbfall- und Gewinngelder aufzubringen hatte, wurde von gutsherrlicher Seite eine Summe von 135 Rtlrn. festgesetzt, eine Ziffer, die bei der allgemeinen wirtschaftlichen Notlage der damaligen Zeit unser höchstes Erstaunen erregt. Offensichtlich erwies der Hof auch in damaliger Zeit noch eine gewisse Leistungsfähigkeit, sonst hätte der Gutsherr nicht solch hohe Summen festsetzen können, und sicherlich hätte auch niemand für einen völlig verwüsteten und gebrandschatzten Hof einen solchen Preis ausgeworfen. Vielleicht ist diese Schonung der ziemlich abgeschlossenen Lage von Ostbevern zu danken.
Zum allem Unglück und Unheil, das der dreißigjährige Krieg immerhin im Gefolge hatte, kam noch im Jahre 1649 ein schmerzlicher Todesfall in der Familie. Es starb die Mutter und Gattin des Hauses, Margarete Grote Idinkrott. Es war das ein Verlust} der unbedingt Ersatz forderte und so sah. sich Godeke Pröbsting gen. Grote Idinkrott nach einer neuen Gattin um und seine Wahl fiel auf Enneken Derhake, Ostbevern.
VI.
II. Ehe: Godeke Pröbsting und Enneken Derhake.
Am 13. August 1649 wurde ihnen der Hof für insgesamt 135 T. Gewinngelder mit Einschluß des Sterbfalls der seligen Frau übertragen. Zehn Jahre später, am 18. Oktober 1659, wurde Margarete Grote Idinkrott einer Tochter aus erster Ehe, für 25 Taler die Freiheit erteilt. Wo sich Margarete einheiratete, ist nicht bekannt. Auch aus der zweiten Ehe gingen noch verschiedene Kinder hervor. So werden im Jahre 1680 außer dem Hoferben Jürg noch ein Sohn Berndt und zwei Töchter, Elske und Trine erwähnt. Der Sohn Berndt starb am 27. Dez. 1679 in Vinnenburg wo er offenbar wohnte, und die Tochter Trine vermutlich am 1. Dez. 16?? Im Jahre 1694 hören wir noch von dem 27jährigen Sohne Johann und der 24jährigen Tochter Enneken. Enneken vermählte sich am 24. November 16?? mit Diedrich Seidgress (?), Ostbevern, als Trauzeugen fungierten Diedrich Schmidt, dessen Schwester später Frau Grosse Inkrott wurde, und Johann Idinkrott.
Ende November 1669 legte sich Godeke Pröbsting gen. Grote Idinkrott zur letzten Ruhe. Sein Leben auf dem Hofe Grosse Inkrott fiel in eine stürmisch bewegte Zeit. Sicher hat er mehr als alle seine Vorgänger Schicksalsschläge ertragen müssen, denn die ersten 21 Jahre seiner Wirksamkeit waren schwere unheilvolle Kriegsjahre, die alles das, was er durch seinen Fleiß und seine Regsamkeit mühsam aufbaute, unerbittlich zerstörten und vernichteten. Auch in der Nachkriegszeit war die allgemeine Lage noch trostlos. Riesenhafte Schulden drohten jeden bäuerlichen Wirtschaftsbetrieb zu zerschlagen. Es stellte sich ein ungeheurer, nie gekannter Mangel an Rindvieh ein, da die räubernden Söldnerhaufen fast überall auch die letzte Kuh im Stalle geschlachtet oder mitgenommen hatten. Zu diesem wirtschaftlichen Unheil gesellte sich dann noch ein schwerer Schicksalsschlag in der Familie, als nach einundzwanzigjähriger Ehe seine erste Gattin starb.
Und doch, alles das vermochte nicht den frischen Schaffensdrang und Schaffensmut Godeke Pröbstings zu hemmen, überrascht liest man das schon oben angeführte Versterbregister, das uns den Hofbestand bei seinem Tode anführt. Sechs Pferde, acht Stück Rindvieh, fünf Schweine und sechs Hühner war für die damalige Zeit kein schlechter Viehbestand. Vor allem ist es für die Wirksamkeit des verstorbenen Hofbesitzers bedeutsam, daß der Hof nicht nur nicht mit Schulden belastet war, sondern daß sogar noch ausstehende Gelder im Betrage von 28 Talern verzeichnet werden konnten. Ein Beweis für die wirtschaftliche Tüchtigkeit des Hofbesitzers!
Zwei Jahre nach dem Tode Godekes entrichtete seine hinterbliebene Gattin Enneken Derhake, die zunächst die Bewirtschaftung des Hofes leitete, für ihren Gatten die Sterbfallgebühren, und zwar zu der ermäßigten Summe von 30 Talern und 5 Taler Weinkauf. Der Gutsherr stellte ihr die Bedingung, daß sie binnen drei Jahren den Hof an eines ihrer Kinder übertragen müsse. Jedoch dauerte das noch volle neun Jahre.
VII.
Jürg Grosse Inkrott und Elseken Grosse Westerlohe.
Am 21. Juli 1680 wurde dem Hoferben Jürg (Georg) Grosse Inkrott der Hof übertragen. Drei Monate später, am 12. Oktober 1680, fand die Vermählung mit Elseken Grosse Westerlohe, Qstbevern, statt. Als Trauzeugen amtierten Johann Grosse Westerlohe und Jürg Seveneck. Die Höhe der Gewinngelder und der Gebühren für die Sterbfälle der damals noch lebenden Mutter und der drei Geschwister Berndt, Trine und Elseken betrug 90 Taler und 10 Taler Weinkauf. 30 Taler waren sofort zu zahlen, 20 Taler zum nächsten Herbstend und der Best auf Fastabend und Pfingsten.
Am 6. September 1681 wurde der erste männliche Erbe des Hofes getauft. Nach seinem Paten Jürg Pröbsting wurde er Georg oder Jürg genannt. Georg wurde Indes nicht Hoferbe und Stammhalter der Familie; im blühenden Alter von 20 Jahren raffte ihn schon der Tod dahin. Die Sterbfallgebühren betrugen für Ihn 10 Taler und 1 ½ Taler Weinkauf.
Am 15 Oktober 1684 berichtet uns das Qstbeverner Taufbuch von der Taufe des zweiten Sohnes Hermann. Der alte Großvater Hermann Grosse Westerlohe wirkte als Taufpate. Hermann wurde später der „Einwohner“ des Hofes, d.h. er bezog mitsamt seiner Familie den in der Höhe des Hofes gelegenen Heuerkotten. Er starb auch als Einwohner des Hofes. Das Kötterhaus stand in dem heutigen Hausgarten.
Am 9. März 1690 wurde ein Mädchen getauft und Christine genannt. Taufpate war Hermann Grosse Westerlohe, junior. Christine Grosse Inkrott vermählte sich am 6. Juni 1718 mit Diederich Bertels. Als Trauzeugen fungierten ihr Bruder Hermann und Wilhelm Vogelsang.
Glück und Zufriedenheit schienen auf dem Hofe ihren Einzug gehalten zu haben, und auch, die allgemeine Wirtschaftslage zeigte einen erfreulichen Aufschwung, als im Jahre 1694 nach vierzehnjähriger Ehe der rauhe Tod dem Gatten die Gattin und den drei unmündigen Kindern die Mutter von der Seite riß. Einsam sah es nun wieder in der Familie aus Jürg Grosse Inkrott konnte sich nicht zu einer zweiten Ehe entschließen und doch mußten die Kinder - Christine, die jüngste, war erst vier Jahre alt - eine neue Mutter haben. Zunächst verwaltete Jürg gemeinsam mit seinem Bruder Johann den Hof. Die Gewinn- und Sterbfallgebühren bezahlten sie mit 50 Talern und 3 Talern Weinkauf. Da Jürg sich zur Wiederverheiratung nicht bestimnen ließ, trat im Jahre 1696 sein Bruder Johann den Hof an.
VIII.
Johann Grosse Inkrott und Enneken Schmit
Die Vermählung hatte schon am 26. November 1695 stattgefunden. Trauzeugen waren der Schwager des Ehemanns Diedrich Seidgress (?) und dessen Gattin Enneken Grosse Inkrott.
Aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor. Im Jahre 1697 wurde der Sohn Dirk (Theodor) geboren. Er starb am 31. Oktober 1758 auf dem Hofe. Der zweite Sohn Wilhelm, geboren im Jahre 1699, starb bereits im Alter von 14 Jahren. Im Jahre 1704 wurde der dritte Sohn Heinrich geboren. Im Jahre 1731 erhielt er seinen Freibrief und vermählte sich am 28. Juli 1732 mit einer Isabella Kempers. Als Trauzeugen werden erwähnt Hermann Kerkhoff und Henricus Grothues. Im Jahre 1708 wurde der Hoferbe Berhardt Grosse Inkrott geboren, über ihn erfahren wir unten Näheres. Im Jahre 1714 taucht noch ein Nachzügler auf, ein Mädchen, als Elisabeth getauft, das indes schon als Kind starb.
Die alte Großmutter Enneken Derhake überlebte die Gattin Ihres Sohnes Jürg noch um volle fünf Jahre. Im Jahre 1699 starb sie. Unzweifelhaft hat sie sich während der fünfzig Jahre, die sie auf dem Hofe verbrachte, und durch die fast zehnjährige Verwaltung desselben um den Hof ein großes Verdienst erworben. Auch der erste Hoferbe, Jürg Grosse Inkrott starb erst im Jahre 1725, nachdem er auch zur Zeit seines Bruders seine Kraft weiterhin in den Dienst des Hofes gestellt hatte.
Im Jahre 1731 löste eine neue Generation wiederum die alte ab. Hoferbe wurde der zweit jüngste Spross aus der Ehe zwischen Johann Grosse Inkrott und Enneken Schmitt, der Sohn Bernard.
IX.
Bernard Grosse Inkrott und Enneken Heymann.
Die Vermählung fand statt am 20.Oktober 1731. Als Trauzeugen werden genannt Wilhelm Kerkhoff und Georg Bäumer. Aus dieser Ehe gingen sechs Kinder hervor:
1) Anna Maria, getauft: 16.X.1732.
Taufpaten: Hermann Heymann
Anna Grosse Inkrott
Anna Maria wurde später Hoferbin.
2) Johann Bernard, get. 7. IV. 1735
Taufpaten: Johann Heymann
Katharina Grothues.
Johann starb als Kind im Alter von fünf Jahren.
3) Katharina Elisabeth, get. 3. VII. 1737.
Taufpaten: Henricus Heymann gen. Kock
Katharina Elisabeth. Inkrott.
Katharina erhielt im Jahre 1757 den Freibrief und vermählte sich mit Jürgen Hüttmann, Ostbevern.
Sie starb am 20. II. 1805
4) Maria Elisabeth, get. 11. März 1742.
Taufpaten: Stephan Schmitz
Elisabeth Voekenbrock.
Elisabeths Sohn wurde später Erbe des Hofes.
Am 18. IV. 1769 vermählte sie sich mit
Jürg Henrich Kohues. Als Trauzeugen fungierten
Bermard Henrich Grosse Inkrott und Henrich Wilhelm
Sumpmann Im Jahre 1770 wurde sie von ihrem Gutsherrn
auf Haus Bevern freigelassen.
5) Bernhard Henrich, get. 15. IX- 1744.
Taufpaten: Bernard Derhake
Maria Harenberg.
Er starb am 27. VIII. 1771, und zwar „Febri maligne“
d.h. an einem bösen Fieber.
6)Johann Henricus, get. 16. IV. 1747.
Taufpaten: Johann Henrich Kock, Katharina Heilynk.
Im 26. Juni 1754 starb der Hofbesitzer Bernard Grosse Inkrott. Er stand erst im 46. Lebensjahre. Vorerst verwaltete seine Gattin den Wirtschaftsbetrieb. Da der älteste Sohn erst zehn Jahre alt war, kam er als Hoferbe nicht in Frage. So wurde denn der Hof der ältesten Tochter Anna Maria übertragen.
X.
Georg Henrich Waltmann und Anna Maria Grosse Inkrott.
Der Ehemann kam von dem Waltmanns Hof in Milte. Die Vermählung fand statt am 16. August 1756. Trauzeugen waren Johann Wilhelm Heelyng und Johann Hermann Condet(?). Das Heiratsjahr fiel in die Zeit des siebenjährigen Krieges, der die westfälischen Bauerschaften wiederum schwer heimsuchte. Diese neue Ehe sollte kinderlos bleiben.
Hatte die vorige Generation infolge der einigermaßen gesunden Wirtschaftslage Gelegenheit gehabt, zu einem gewissen Wohlstande zu gelangen, so hatte der siebenjährige Krieg wiederum einen tiefen wirtschaftlichen Niedergang zur Folge. In diesem Kriege hatten nicht selten die Höfe das Dreißigfache der früheren Steuerbeträge abzuführen Dazu erfolgten dauernd Durchmärsche befreundeter und befeindeter Truppen, die alle „Zehrungskosten“ beanspruchten.
Sicherlich wurde in diesem Kriege auch der Hof Grosse Inkrott hart mitgenommen - da aber die Ehe kinderlos blieb, konnte der Hof eine wirtschaftliche Schlappe besser hinnehmen als andere Höfe, die von einer großen Kinderschar bevölkert waren. Nach dem Kriege hat sich besonders der münsterische Minister Franz von Fürstenberg um die Hebung der Landwirtschaft große Verdienste erworben, sodaß um 1790, als Georg Henrich Waltmann und Anna Maria Grosse Inkrott alt geworden waren und daran denken mußten, jungen frischen Kräften Platz zu machen, der Hof wirtschaftlich in guter Blüte stehen konnte.
Wie schon erwähnt, hatten die Eheleute keinen Erben. Es ist verständlich, daß diese Tatsache zu den größten Schmerz ihres Lebens gehört hat, und vielleicht hat das Bewußtsein, nicht für einen eigenen
leiblichen Stammhalter und Hoferben wirken und schaffen zu können, sich lähmend auf ihre Arbeitsfreude und ihren Arbeitsdrang gelegt. Indessen sollte ein völliger Blutwechsel auf dem Hofe nicht eintreten, nicht ein Sohn, aber ein Neffe der Eheleute wurde Hoferbe, und zwar der 25jährige Sohn der Maria Elisabeth Grosse Inkrott und des Jürg Henrich Neitler. Er war geboren am 21. Juni 1766. Zur Braut erwählte er sich die 21 jährige Anna Maria Christina Haselhorst, Ostbevern.
XI.
Johann Henrich Neitler und Anna Maria Christina Haselhorst
Die Vermählung des jugendlichen Paares fand statt an. 25. Okt. 1791 Ein Jahr später gab es bei Grosse Inkrotts seit langem wieder einmal junges Leben. Hatte es In der letzten. Ehe gar keine Kinder gegeben, so gab es hier, zum erstenmale gleich ein Zwillingspärchen, nämlich:
1) Georg Henrich, get. 19. X. 1792.
Taufpaten: Jürgen Henrich Gr. Inkrott (Neitler), Maria Elisabeth Inkrott.
2) Anna Maria, get. wie oben.
Taufpaten: Johann Hermann Derhake, Anna Maria Stricker.
3) Anna Maria Christina Elisabeth, get. 23- VIII. 1795
Taufpaten: Jürgen Henrich Kohues, Anna Maria Elisabeth Haselhorst.
Anna Maria Christina Elisabeth wanderte nach Nordamerika aus, nachdem sie sich am 17. VII. 1832 mit Johann Bernhard Sieveneck, Ostbevern, vermählt hatte.
4) Anna Maria Christina, get. 30. VII. 1799Taufpaten: Anna Maria Haselhorst, Joh. Herm. Kohues.Auch Anna Maria Christina wanderte nach Amerika aus. Vorher vermählte sie sich mit einem Schirl oder einem Röer, Ostbevern.
5) Anna Maria Gertrud, get. 7. IV. 1806.
Taufpaten: Anna Maria Immenkamp, Stephanus Inkrott.
Wie ihre beiden Schwestern, wanderte auch Anna Maria Gertrud mit ihrem Ehemanne Bernhard Heinrich Sieveneck, Ostbevern, mit dem sie am 23. VIII. 1836 getraut worden war, nach Amerika aus. Wie in der Heimat, so betrieben sie auch in Amerika fortan Landwirtschaft.
6) Maria Anna, get. 4. III. 1808. Sie wurde Hoferbin.
Offenbar war der älteste Sohn Georg Henrich nicht gesund, denn er starb (wahrscheinlich) am 8. II. 1845, als seine jüngste Schwester Maria Anna den Hof schon angetreten hatte.
Volle 45 Jahre hatten Johann Henrich Neiteler und Anna Maria Christine Haselhorst den Hof in Besitz. Auch sie erlebten stürmsche Zeiten. Die sogen. Koalitionskriege, in die zeitweilig auch Preußen gegen Napoleon eintrat, brachten den Bauern lästige Einquartierung seitens der Preußen. Die Folge der Kriege war eine ungeahnte wirtschaftliche Teuerung; der Malter Roggen, der 1790 sechs Taler gekostet hatte, war bis zum Jahre 1802 auf 27 Taler gestiegen. Dazu kamen erhöhte Steuern, da die preußische Staatskasse erschöpft war. Im Jahre 1804 trat ferner eine völlige Mißernte ein, sodaß es in der
Landwirtschaft sehr schlecht aussah. In der unglücklichen. Doppelschlacht bei Jena und Auerstädt wurde Preußen, das schon seit 1803 an die Stelle des alten Fürstbistums Münster getreten war, völlig besiegt und die Folge war, daß ein großer Teil des Münsterlandes als Herzogtum Berg zu Frankreich geschlagen wurde. Nunmehr hatten wir die merkwürdige Tatsache, daß der Hof Grosse Inkrott nicht mehr ein deutscher sondern ein französischer Hof war. Indes währte dieser Zustand nur sieben Jahre. Als nämlich Napoleon Im Winter des Jahres 1813 den ungeheuren Feldzug nach Russland unternahm, an dem auch Bewohner hiesiger Gegend teilnehmen mußten, fand nach der denkwürdige Einäscherung von Moskau seine ruhmvolle Herrschaft Ihr Ende. Die blutige Schlacht bei Leipzig vom 16.-19. Oktober 1813 entschied über die Herrschaft in unserer Heimat. Napoleon wurde entscheidend geschlagen, und die Preussen konnten wiederum die Herrschaft im Münsterland übernehmen. Der preussische Minister von der Reck nahm die feierliche Erbhuldigung ab und besuchte im festlichen Triumpfwagen viele Orte des Münsterlandes, u.a. auch Ostbevern, wo er am 15. Oktober 1815 in der feierlichsten Weise empfangen wurde. Gleich am Eingang des Dorfes war ein herrlicher Ehrenbogen errichtet, der auf einer Tafel den Reichsadler zeigte mit der Unterschrift:
Dem frohen Einzüge
des
königlichen Segensboten
In den Gau
der Westfalen am Emsgestade !
Am Ende des Dorfes befand sich ebenfalls ein Bogen mit der Inschrift:
Der schönen Zukunft
weissagend
die Najaden
der Ems und Bever.
Frohlocke nun im Jubelton Westfalen !
Wir sehen, wie sehr man nach der französischen Fremdherrschaft die Preußen begrüsste. Und doch ist es nicht zu verkennen und auch zu verstehen, daß die Bauern Napoleon in gewisser Hinsicht hochschätzten und noch heute hochschätzen; denn er gab ihnen ja die Freiheit. Dieses geschichtliche Ereignis durften auf dem Hofe Grosse Inkrott Johann Henrich Neiteler und Anna Maria Christina Haselhorst erleben. Noch volle 27 Jahre sollten sie auf dem freien Hofe, der jetzt nicht mehr in der Hörigkeit des Hauses Bevern stand, schalten und walten. Sie, die Hörigkeit und Freiheit gleichermaßen gekannt haben, werden die Befreiung des Bauernstandes besser gewürdigt haben als wir, die wir aus eigener Erfahrung nur die Freiheit kennen, es vermögen. Indes sollte ihnen die „Freiheit“ durch die Aufbringung der Ablösebeträge zunächst noch vergällt werden, zumal im Jahre 1815 ein furchtbarer Hagelschlag fast die ganze Getreideernte vernichtet! und in dem Beverwiesen infolge von Überschwemmungen ein großer Schaden angerichtet wurde. Auch die Jahre 1816/17 brachten infolge fortwährenden Regens Mißernten. Es wäre fast zur Hungersnot gekommen, wenn nicht aus den Ostseehäfen Getreide hierhergeschickt worden wäre. Die Preise erstiegen eine riesenhafte Höhe. Es kosteten:
| Tlr. | Slbgr. | Pf. |
1 Scheffel Kartoffeln | 1 | 20 |
|
1 Scheffel Wielzen | 7 | 20 |
|
Roggen | 5 |
|
|
Gerste | 3 | 15 |
|
Buchweizen | 4 | 17 | 6 |
Hafer | 1 | 27 | 6 |
1 Zentner Heu | 1 |
|
|
1 Schock Stroh | 9 |
|
|
Die Jahre 1823 - 1825 zeichneten sich durch reichliche Ernte aus. Die Preise der Lebensmittel sanken dabei derart, daß der Bauer fast nicht mehr bestehen konnte. So kostete im Oktober 1823 der Scheffel Roggen nur 26 Slbgr., im November 1824 gar nur 17 Slbgr. 6 Pf., die Kartoffeln 6 Slbgr. 6 Pf. Wir sehen, auch Johann Henrich Neiteler gen. Grosse Inkrott war trotz seiner Freiheit noch nicht auf Rosen gebettet. Im Gegenteil, er hatte es schwerer als seine Vorfahren, da er doch die Ablöseschulden aufzubringen hatte. Erstsmalig konnte der Besitzer des Hofes Grosse Inkrott nunmehr selbständig seinen Hof den Erben übertragen, ohne seinen Gutsherrn danach fragen zu müssen. Erstmalig brauchten auch keine Gewinngelder mehr bezahlt zu werden, sondern die Mitgift der Braut blieb auf dem Hofe.
Wie schon oben erwähnt, wurde Anna Maria Grosse Inkrott Hoferbin.
XII.
Ferdinand Krieg und Anna Maria Grosse Inkrott.
Ihre Vermählung fand statt am 15. November 1836. Ferdinand Krieg, ein Sohn von dem Hofe Krieg in Ostbevern, wurde geboren am 11. Januar 1813. Die alten Eltern auf dem Hofe Grosse Inkrott lebten noch eine geraume Zelt. Johann Henrich Neiteler gen. Grosse Inkrott starb am 24. VIII. 1838. Seine Gattin Anna Maria Christina Haselhorst folgte ihm am 12. VII. 1851 im Tode nach.
Aus der jungen Ehe gingen folgende Kinder hervor:
1) Johann Heinrich, geboren am 29. VIII. 1837 (gest. 9.4.1899)
Taufpaten: Johann Henrich Grosse Inkrott (Großvater), Maria Katharina Krieg.
Johann Henrich wurde Stammhalter und Hoferbe.
2) Maria Anna, geb. 12. XII. 1839.
Taufpaten: Christine Grosse Inkrott (Großmutter), Franz Joseph Krieg.
Maria Anna vermählte sich am 21 . Oktober 1862 mit Wilhelm Siemann, Ostbevern.
3) Bernard Hermann, geb. 11. I. 1842.
Taufpaten: Johann Hermann Haselhorst, Maria Christina Stoltebeen.
Bernard Hermann heiratete am 22. VIII. 1877 Josephine Fischer, Ostbevern.
4) Bernard Ferdinand, geb. 14. X. 1843 (gest. 28.12.1931)
Taufpaten: Joh. Henr. Pottebaum gen. Haselhorst, Katharina Kriege Prau Klinge.
Bernard Ferdinand wanderte im Jahre 1866 nach Amerika wo er sich später mit einer Amerikanerin vermählte.
5) Johann Wilhelm, geb. 6. V. 1846. (gest. 26.10.1931)
Taufpaten: Joh. Wilhelm Hüttemann, Anna Maria Disselmann, gen. Krieg.
Johann Wilhelm wanderte im Jahre 1866 mit seinem Bruder aus und vermählte sich mit einer Amerikanerin.
6) Heinrich Josef, geb. 5. III. 1849 (gest. 15.10.1919) .
Taufpaten: Johann Heinrich Hüttemann geb Klinge, Josephine Brinkmann, Frau Kükenbernd.
Heinrich Josef vermählte sich mit Sophia Berkenharn, Ostbevern und folgte seinen beiden Brüdern im Jahre 1882 nach Amerika nach. Alle drei Brüder besitzen in Amerika eigene Höfe. Der zweite Sohn des Heinrich Josef ist Priester (gest. 22.9.196?).
7) Katharina Elisabeth, geb. 17. II. 1851.
Taufpaten: Anna Katharina Krieg, gen. Klinge, Johann Heinrich Benter.
Sie vermählte sich am 7. November 1876 mit Franz Bücker, Ostbevern.
8) Josephine Elisabeth., geb. 3. Nov. 1852.
Taufpaten: Elisabeth Haselhorst, Frau Hollmann, Josef Kükenbernd.
Sie vermählte sich am 26. Juni 1888 mit Karl Stetskamp, Ostbevern.
Am 18. Februar 1880 starb Ferdinand Krieg gen. Grosse Inkrott, nachdem ihm seine Gattin Maria Anna Grosse Inkrott schon am 5. Januar 1877 im Tode vorangegangen war.
Hatten die fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts gesunde und gute Wirtschaftsverhältnisse gebracht, so sollten die Jahre nach 188? für die aufstrebende Landwirtschaft zu einer schweren Krise werden, unter der auch der Hof Grosse Inkrott zu leiden hatte. Der Grund dieser Wirtschaftskrise lag in der ständig sich mehrenden Einfuhr von Getreide und Fleisch aus überseeischen Ländern, mit denen der deutsche Landwirt eine Konkurrenz nicht aufnehmen konnte. Während alle anderen Produkte vielfach um das Doppelte und Dreifache gestiegen waren, blieben die Preise für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse dieselben, sodaß sie also in Wirklichkeit um die Hälfte bezw. um ein Drittel gesunken waren. Obschon Bismark im Jahre 1879 die Schutzzölle einführte, sanken im letzten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts die Preise vielfach noch um die Hälfte. Erst nach 1900 trat eine Besserung auf dem Wirtschaftsmarkte ein.
Mitten in die Zeit dieser Wirtschaftskrise fällt der Neuantritt des Hofes durch den Hoferben Johann Heinrich Grosse Inkrott.
XIII.
Johann Heinrich Grosse Inkrott und Maria Anna Schröer.
Die Vermählung fand statt am 24. Oktober 1877. Maria Anna Schröer wurde am 8. April 1850 als fünftes Kind der Eheleute Johann Hermann Josef Lienkamp gen. Schröer und Maria Anna flernann gen. Westschinke auf dem Hofe Schröer In Einen geboren. Ihre Taufpaten waren Maria Elisabeth Westschinke und Johann Hermann Westrup. Bei der Vermählung wirkten als Trauzeugen Josef Grosse Inkrott und Hermann Schröer.
Aus der Ehe gingen folgende Kinder hervor:
1) Maria Anna Gertrud, geb. 24. VIII. 1878.
Taufpaten: Maria Anna Bestschinke, Frau Schröer, Ferdinand Krieg, gen. Grosse Inkrott.
Gertrud verbrachte zur Erweiterung ihrer Kenntnisse in der Hauswirtschaft ein Jahr (1900 - 1901) in dem Haushalt der Frau Wilhelm Haase, Lette, Bezirk Minden (Gertruf feierte am 24.8.1967 ihnren 90sten Geburtstag.)
2) Hermann Bernard, geb. 26. IX. 1879 (gest. 1938).
Taufpaten: Hermann Bernard Grosse Inkrott, Getrud Schröer, Frau Krieg.
Er ist der jetzige Hofbesitzer. Bedeutsam wurde in seinem Leben die Teilnahme am Weltkriege, der das furchtbarste Völkermorden darstellt, das die Geschichte bisher gesehen hat. Am 17. November des zweiten Kriegsjahres 1916 wurde Bernard als Landsturmrekrut bei dem Ersatz-Bataillon des Infanterie Regimentes 13 eingestellt, obschon seine beiden Brüder schon seit Kriegsbeginn im Felde standen, und er für die Bewirtschaftung des Hofes unbedingt erforderlich gewesen wäre. Im Jahre 1918 nahm er an dem furchtbaren Stellungskrieg in Flandern teil. Am 9. Oktober 1918 erlitt er in den Abwehrschlachten in der Champagne bei Cunel eine Verwundung am Unterarm. Am 31. März 1919 wurde er aus dem Heeresdienst entlassen.
3) Anna Maria Theresia, geb. 1. IV. 1881.
Taufpaten: Katharina Schröer, Wilhelm Siemann.
Anna erlernte den Haushalt auf dem Schlosse des Freiherrn von Heeremann, Schloss Surenburg bei Riesenbeck (1906 — 1907).
4) Josef Johann Hermann, geb. 5. IV. 1882. (gest. 1949)
Taufpaten: Hermann Schröer, Josefine Fischer, Frau Gr. Inkrott.
Hermann war von 1902 - 1904 aktiver Soldat bei der 2. Batterie des Feld-Artillerie-Regimentes 63 In Frankfurt/Main. Von 1907 bis zum Ausbruch des Weltkrieges war er in verschiedenen Städten tätig, so in Frankfurt, Marburg (Lahn), Bremen, Koblenz.
Am 3. Mobilmachungstag (4. August 1914) wurde Hermann zur Feld-Artillerie eingezogen und sogleich an die Westfront geschickt. Im Jahre 1914 nahm er an den Schlechten bei Neufschateau und an der Maas und Marne teil, 1915 an den Stellungskämpfen In der Champagne, 1916 an der Somme-Schlacht, im Jahre 1917 an der Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne, an den Stellungskämpfen am Chemin des Dames und in Flandern. Nach den Stellungskämpfen bei St. Quentin und an der Oise kämpfte er im März und April 1918 mit in der großen Schlacht in Frankreich, und zwar in der Durchbruchsschlacht bei St. Quentin und La Fere, in den Kämpfen beim Übergang über den Somme-Fluß und den Crozat-Canal, zwischen St. Christ und Tergnier und in den Verfolgungskämpfen bis Montdidier und Noyon. Ferner nahm er im Jahre 1918 teil an den Schlachten bezw. Stellungskämpfen bei Reims, Soissons in der Champagne, an der Marne, zwischen Oise und Aisne, vor der sogen. Siegfriedfront und in der Siegfriedstellung. Mit einem Worte: Hermann hat den furchtbaren Krieg an der Westfront von Anfang bis zu Ende durchgekämpft! - Am 9. Dez. 1917 wurde er zum Gefreiten befördert und 14 Tage später mit dem Eisernen Kreuz zweiter Klasse ausgezeichnet. Am 26. Nov. 1918 wurde er aus dem Heeresdienst entlassen.
Drei Jahre nach dem Kriege, am 12. April 1921, trat Hermann in Bad Driburg in die Steyler Missionsgesellschaft (Gesellschaft des Göttlichen Wortes = S.V.D.) ein. Am 1. November 1921 erfolgte im Mutterhause zu Steyl die Einkleidung, bei der er den Namen Br. Methodius erhielt. Zwei Jahre später, am 1. November 1923, legte er in Steyl die ersten hl. Ordensgelübde ab, denen am 8. September 1929 im Missionspriesterseminar St. Augustin bei Siegburg, Rhld. die ewigen hl. Gelübde folgten. In den ersten zehn Jahren seines Ordenslebens war Br. Methodius im Baufach mittätig. - Mögen dem frommen und eifrigen Ordensmanne, der zurzeit als Schriftenmissionar die Lande durchreist, noch recht viele segensreiche Arbeitsjahre im Weinberge des Herrn beschieden sein!
5) Hermann Heinrich, geb. 20. IV. 1883.
Taufpaten: Hermann Bücker, Elisabeth Schröer, Frau Göcke.
Heinrich, starb als Kind am 7. Sept. 1884.
6) Bernard Heinrich, geb. 30. 1. 1885.
Taufpaten: Heinrich Krieg, Sophia Schröer.
Bernard Heinrich starb als Zweijähriger am 13. Juni 1887
7) Heinrich August, geb. 3. I. 1886.
Taufpaten: Johann Heinrich Wilhelm, Anna Siemann, geb. Gr. Inkrott.
August starb am 18. Oktober 1886.
8) Bernard Wilhelm, geb. 18. II. 1387.Taufpaten: Bernard Göcke, Katharina Bücker.Wilhelm starb am 6. Juli 1888.
9) Bernard Josef, geb. 24. III. 1888.
Taufpaten: Johann Bernard Klinge, Maria Gertrud Krieg, geb. Schröer.
Auch Josef starb schon im zarten Kindesalter.
10) Maria Sophia, geb. 12. IV. 1889.
Taufpaten: Hermann Everwin, Sophia Schröer.
Sophia starb im Alter von zwei Jahren, am 29. III. 1891.
11) Karl Albert, geb. 27. IV. 1890.
Taufpaten: Karl Stetzkamp, Katharina Schröer.
Albert, der am 17. Oktober 1912 als Ersatzrekrut in die 11. Kompagnie des Infanterie Regimentes 13 zur militärischen Ausbildung einberufen worden war, wurde ebenfalls gleich zu Beginn des Weltkrieges zu den Waffen gerufen. Wie seine beiden Brüder, so kämpfte auch er an der Westfront für's Vaterland. In den Augusttagen des Jahres 1914 nahm auch er an dem anfänglichen deutschen Siegeszug in Frankreich teil, sah, wie die Feste Lüttich fiel, kämpfte bei Namur, St. Quentin, vor Montmarcon, bei Petit Morin, bei Arras, im Stellungskrieg bei Artois (Angres) und im französischen Flandern. Er lag im Jahre 1915 vor Richesbourg, focht in den Schlachten bei Neuwe-Chapelle und Auchy La Basse und im Jahre 1916 in den furchtbaren Kämpfen bei Verdun und in der Gegend von Thiaumont und „Kalter Erde“. - Am 12. Februar 1916 wurde Albert zum Gefreiten ernannt; sechs Monate später folgte dieser Ernennung die weitere Beförderung zum Unteroffizier. Am 20. Sept. 1916 wurde ihm das Eiserne Kreuz zweiter Klasse verliehen. - Wie so viele andere, hatte auch Albert für sein Vaterland ein Kriegsopfer zu bringen-: den Verlust des linken Unterschenkels. Am 16. Juni 1917 wurde er daher aus dem Heeresdienste entlassen, nachdem ihm für seine Zukunft eine angemessene Entschädigung bewilligt worden war. Der zum Teil verlorene linke Unterschenkel wurde übrigens von fachmännischer Hand derart vollkommen ersetzt, daß heute nur dem Eingeweihten der Verlust desselben bemerkbar wird.
12) Josephine Elisabeth, geb. 19. V. 1892.
Taufpaten: Hermann Schröer, Elisabeth Stetzkamp, geb. Gr. Inkrott.
Josephine erlernte die Küche in dem Haushalt des Freiherrn von Hagel auf Schloss Vornholz zu Ostenfelde (1913 – 1914).
13) Sophia, geb. 21. I. 1895,
Taufpaten: Heinrich Krieg, Josephine Inkrott, geb. Fischer.
Sie erlernte den Haushalt auf dem Schlosse des Freiherrn von Korff, Haus Harkotten bei Füchtorf (1914 - 1915). Am 23. Mai 1921 legte Sophia das Ordensgewand der armen Klarissen zu Kevelaer an. Am 17. Mai 1922 wurde Schwester Paschalis - so lautet ihr Ordensname - eingekleidet. Auch ihr, der frommen Klosterfrau, noch recht viele Jahre segensreicher Wirksamkeit in Gebet und Arbeit!
14) Maria, geb. 5. II. I896. (gest. 1925)
Taufpaten: Heinrich Krieg, Josephine Inkrott, geb. Fischer.
Maria trat am 8. Dezember 1918 In die Genossenschaft der Clemensschwestern ein, nachdem sie im Jahre vorher in dem von den Schwestern U.L. Frau geleiteten Collegium Marianum in Münster den Haushalt erlernt hatte. Im Orden erhielt sie den Namen Schwester Gerhardis. Ihre Einkleidung erfolgte am 11. April 1919. Das erste Gelübde legte sie am 16. VI. 1921, die ewigen hl. Gelübde am 10. VII. 1924 ab. Von 1920 - 1925 wirkte sie als Krankenschwester im Marienhospital zu Wesel, wo sie, wie von ihr gepflegte Kranke selbst bezeugen, durch ihr munteres, stets heiteres Wesen für die armen und vielfach missmutigen Kranken zum Sonnenschein des Hauses wurde. Schon am 14. Juni 1925 rief Gott sie zu sich in ein besseres Jenseits. Sie starb in dem Mutterhause der Clemensschwestern zu Münster, auf dessen Friedhof sie auch beerdigt wurde.
Kehren wir nunmehr zu der Entwicklung der Wirtschaftsverhältnisse auf dem Hofe zurück.
Höchst bedeutsam auch für den Hof Grosse Inkrott, dessen Grundbesitz wesentlich aus Sandboden besteht, wurde am Ende des vorigen Jahrhunderts die Einführung der künstlichen Düngung, die von Thaer und Liebig begründet wurde. Der Kunstdünger brachte ungeahnte Erfolge in der Landwirtschaft, besonders im Getreideanbau. Die früheren Hausböden und Schuppen reichten zur Unterbringung der Ernteerträge nicht mehr aus, sodaß überall neue Gebäude entstanden. Im Jahre 1879 wurde auch auf dem Hofe Grosse Inkrott ein neues Wohnhaus erbaut, das alter Sitte gemäß noch ein Strohdach erhielt. Erst im Jahre 1892 wurde anstelle des Strohdaches ein Ziegeldach angelegt. Ferner wurden die Stallungen an der Tenne umgebaut und um drei Meter verlängert. Im Jahre 1896 wurde der Speicher erbaut.
Drei Jahre später, am 9. April 1899, starb Johann Heinrich Grosse Inkrott nach 22jähriger glücklicher Ehe. Sein ältester Sohn Berard, der jetzige Hofbesitzer, übernahm nunmehr zusammen mit seiner Mutter die Verwaltung des Hofes. Der Wirtschaftsbetrieb stand jetzt nicht still, im Gegenteil, er machte erfreuliche Fortschritte.
In der richtigen Erkenntnis, daß durch die Einführung der Kunstdüngung die bewaldeten Grundstücke vorteilhafter für den Acker- und Wiesenbau ausgewertet werden konnten, ging Bernard im Jahre 1900 zusammen mit seinen Brüdern daran, einen Teil der bei der Aufteilung der Ostbeverner Mark für den Hof ausgewiesenen Grundstücke zu kultivieren. In den Jahren 19OO - 1905 wurde zunächst der 1. Teil des sog. Kohues Haar urbar gemacht, in den Jahren 1906 - 1908 der 2. Teil. Im Jahre 1912 wurden ferner zunächst fünf Morgen der hinter dem „Nienkamp“ gelegenen Heide in fruchtbares Ackerland umgewandelt; im Jahre 1920 noch weitere sechs Morgen dieser Heide.
Auch für die nötigen Wiesen und Weiden wurde Sorge getragen. Hoch Zu Lebzeiten von Johann Heinrich Grosse Inkrott^ im Jahre 1895j wurde die sog. Kreuzwiese kultiviert. In den Jahren 1900 - 1910 entstand die Kuhweide im „Gauer“, ebenso in den Jahren 1902 - 1908 die Wiese „Niengarten“.
Die stets wachsenden Kornerträge machten im Jahre 1909 einen Umbau und eine Verlängerung der alten Scheune um 10 Meter erforderlich. Im Jahre 1911 wurde der alte Schuppen und Schweinestall abgebrochen und durch einen neuen Anbau am Wohnhause in Größe von 20 : 14,40 m ersetzt. Der Anbau enthält Schweinestall und Laufstall. Im Jahre 1907 wurde ein neuer Hühnerstall erbaut. Infolge fortschreitenden Sachsens der jährlichen Ernteerträge genügte mit der Zeit auch die alte umgebaute Scheune nicht mehr, und so wurde denn im Jahre 1922 die heutige geräumige Kornscheune in Größe von 26 : 12,50 m errichtet. Im gleichen Jahre fand in dem neu gesetzten herrlichen Steinkreuz am Wege zum Hof der gläubige religiöse Sinn der Familie seinen entsprechenden Ausdruck.
Es sei auch noch der jetzigen Großmutter des Hofes, Maria Anna geb. Schröer, der Patentante des Verfassers dieser Hofgeschichte, Erwähnung getan.
Am 8. April dieses Jahres feierte sie in geradezu bewunderungswürdiger körperlicher und geistiger Frische ihren 82. Geburtstag. Volle 54 Jahre hindurch hat sie nunmehr schon auf dem Hofe Grosse Inkrott geschafft und gesorgt und neben einer echt religiösen Erziehung ihren Kindern das höchste irdische Gut, nämlich Gesundheit und ein sonniges heiteres Gemüt, gegeben. Ihr immer freundliches Wesen macht sie überall gern gesehen.
Möge ihr im Kreise ihrer Lieben, noch ein recht langer Lebensabend beschieden, sein !!!
XIV.
Hermann Bernard Grosse Inkrott und Anna Josefa Tohermes.
Die Vermählung dieses Ehepaares, des jüngsten Gliedes in der langen Kette der Generationen auf dem Hofe Grosse Inkrott, erfolgte am 10. September 1924, Anna Josefa Tohermes ist die Tochter der Eheleute Josef Tohermes und Bernardine Tohermes geb. Westhoff-Pavenstädt auf dem Hofe Tohermes, Ostenfelde, Kreis Warendorf. Als Trauzeugen fungierten Arnold Volbracht und Albert Grosse Inkrott.
Die glückliche Ehe wurde bis zur Zeit mit 9 kerngesunden, frischen und pausbäckigen Kindern gesegnet, die zu der zuversichtlichen Hoffnung auf eine würdige Fortführung der Geschichte des Hofes Grosse Inkrott vollauf berechtigen:
1) Maria Anna Josefa, geb. 20. XI. 1925.
Taufpaten: Ww. Grosse Inkrott, geb. Anna Schröer, Josef Holterkamp.
2) Karl Albert, geb. 19. IV. 1927.
Taufpaten: Albert Grosse Inkrott, Ww. Josef Tohermes, geb.Bernadine Pavenstädt
3) Gerhard Christof, geb. 21. V. 1920.
Taufpaten: Christof Brüggemann, Gertrud Grosse Inkrott.
4) Arnold Antonius, geb. 27. VII. 1929.
Taufpaten: Arnold Vollbracht, Anna Grosse Inkrott.
5) Bernardine Hermine, geb. 23. XI. 1930.
Taufpaten: Ww.Josef Tohermes, geb.Berardine Pavenstädt, Hermann Schröer (der Vater des Verfassers).
6) Josef, geb 1932 ?
7) Rudolf, geb. 1932 ?
8) Magarete, geb. ???
10)Lisel, geb. ???
Schon in den Vorkriegsjahren hatte der Hofbesitzer Bernard Grosse Inkrott den Wirtschaftsbetrieb zu einer bisher kaum erreichten Höhe, hinaufgeführt. Insbesondere galt das von der Rindviehzucht, in der er anerkannte züchterische Leistungen aufweisen konnte. Hatten auch die Kriegs- und Nachkriegsjahre mit ihren Staatsbankrott (Inflation) einen schweren Rückschlag in der Landwirtschaft im Gefolge, so wurde dieser doch durch das Anpassungsvermögen an wirtschaftliche Gegebenheiten glücklich überwunden.
Am 27. November 1925 konnte Bernard Grosse Inkrott seinen Hof durch einen Grundstückankauf gar noch vergrößern. Von Hokamp-Loheide kaufte er das Grundstück Flur 10 50/18. Durch schöne gärtnerische Anlagen, auf die sich der jetzige Hofbesitzer ausgezeichnet versteht - man zählt auf dem Hofe nicht weniger als 50 verschiedene Straucharten - erhielt Haus und Hof ein freundliches, anmutiges Äußeres. Zu erwähnen bleibt endlich, daß noch in jüngester Zeit, im Jahre 1930, in der Bottwoeste, die bekanntlich aus der alten Ostbeverner Mark stammt, eine vier Morgen große Weide eingerichtet wurde. Weitere Neukulturen sind für die allernächste Zeit noch geplant.
Zur Zeit steht auch der Hof Grosse Inkrott unter dem Eindruck der nachhaltigen Folgen, die der furchtbare Weltkrieg für unser armes besiegtes Vaterland hat. Die Landwirtschaft befindet sich in schwerster wirtschaftlicher Notlage. Allüberall läuft der deutsche Bauernhof höchste Gefahr, dieser Wirtschaftskrise zum Opfer zu fallen. Indes, im Vertrauen auf den unermüdlichen Schaffensdrang und die tiefe Liebe zur angestammten, tausendjährigen Scholle, die den jetzigen Besitzer und seine ganze Familie beseelt, darf schon heute gesagt werden, daß der Hof Grosse Inkrott auch diese wirtschaftliche Krise siegreich überstehen wird.
Möge sich die Zukunft des Hofes
Grosse Inkrott der Hofgeschichte
in der Vergangenheit würdig anschließen !!!
Das walte Gott !!!